Trierer Lehrerin klaut in Mainz
MAINZ/TRIER. (dot/ik) Zu zehn Monaten Gefängnis auf Bewährung wegen räuberischen Diebstahls hat das Mainzer Schöffengericht eine Trierer Grundschullehrerin verurteilt. Die wegen Diebstahls vorbestrafte 51-Jährige hatte im März 2003 in einem Mainzer Kaufhaus mehrere Tiegel Bio-Creme zum Stückpreis von rund 100 Euro gestohlen und anschließend den Kaufhausdetektiv verletzt.
Völlig zerknirscht saß die Pädagogin auf der Anklagebank. "Ja, ich habe die Creme genommen, aber ich weiß nicht warum", sagte sie mit schwankender Stimme. Sie sei an jenem Tag zur Fortbildung in Mainz gewesen und habe ihrem Sohn etwas mitbringen wollen. Da sei ihr die "Bio-Creme" ins Auge gefallen. Weil sie eine Affinität zu solchen Produkten habe, habe sie den Beipackzettel studiert. "Dann räumte ich das Regal leer und packte alles in meinen Rucksack", sagte die Frau weiter. Dies sah der Kaufhausdetektiv und sprach die Pädagogin an. Da sie sich unwillig zeigte, legte ihr der 40-Jährige die Hand auf die Schulter. "Jetzt hab‘ ich dich endlich" soll er zu der Triererin gesagt haben. Nach Aussagen des Detektivs war ihm die Frau schon tags zuvor verdächtig erschienen. "Er hielt mich am Mantelkragen fest, und ich versuchte, seine Hände los zu bekommen", erzählt die Angeklagte. Von einer Verletzung habe sie nichts mitbekommen. Dem 40-Jährigen zufolge bog ihm die Frau dagegen die rechte Hand derart um, dass er vor Schmerzen in die Knie ging. Einem Verkäufer gelang es schließlich, die zitternde Diebin zu beruhigen. Das Gericht hatte vorsorglich eine psychiatrische Begutachtung der Angeklagten angeordnet. Eine Nervenärztin nannte die Frau jedoch "völlig" normal. Sie stelle allerdings zu hohe Ansprüche an sich und versuche alle gesellschaftlichen Normen zu erfüllen. Das Stehlen sei eine Art Ventil für sie. Die Angeklagte berichtete von Eheproblemen und der Überforderung durch die Betreuung von Mutter und Schwiegermutter. Die Staatsanwältin hatte wenig Verständnis für die Diebstähle. "Sie sind eine Wohlstandsneurotikerin. Sie haben nette Kinder, einen gut verdienenden Mann und haben selbst noch einen schönen Beruf. Was wollen Sie eigentlich?", fragte sie und beantragte eine Bewährungsstrafe von einem Jahr. Die Richterin verurteilte die Lehrerin schließlich wegen räuberischen Diebstahls in einem minderschweren Fall. "Sie stehen diesmal nicht wegen eines einfachen Vergehens, sondern wegen eines Verbrechens vor Gericht", erklärte die Richterin. Das Geständnis und ein an den Detektiv gezahltes Schmerzensgeld machten die milde Bestrafung möglich. Die Frau muss zudem 2000 Euro an die Hospizgesellschaft zahlen.Berufliche Konsequenzen noch offen
Ob die Tat auch berufliche Konsequenzen für die Grundschullehrerin haben wird, ist der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier zufolge noch offen. Werden Beamte zu einem Jahr Haft oder mehr verurteilt, verlieren sie per Gesetz ihre Stelle; liegt das Strafmaß darunter, wird von Fall zu Fall entschieden, ob weitere Sanktionen verhängt werden. "Wenn das Urteil rechtskräftig ist, erhalten wir eine Mitteilung von der Staatsanwaltschaft", erklärt Cornelia Grewing, Referentin in der Schulabteilung der ADD. "Wir hören die Betroffene dann an und schauen, ob wir Weiteres veranlassen." Allerdings gebe es dabei enge Grenzen, sagte Grewing dem TV . Wegen desselben Sachverhalts dürften in der Regel keine weiteren Strafen verhängt werden. Und Klagen auf Entfernung aus dem Dienst seien nur in "sehr schwerwiegenden Fällen" möglich.