Umstrittene Nachgüsse und lästige Kritiker

Das Land hat im Streit um die Echtheit von Arp-Werken dem privaten Arp-Verein zwar Kosten für die rechtliche Auseinandersetzung mit kritischen Medienberichten erstattet. Mit einer Einschränkung der Pressefreiheit habe dies jedoch nichts zu tun, so Kultur-Staatssekretär Joachim Hofmann-Göttig.

Mainz. Ist der Nachguss einer Skulptur nach dem Tod des Künstlers noch ein Original? Darf er als Kunstobjekt ausgegeben und ausgestellt werden? Die Fragen nach der Echtheit der Werke des Bildhauers Hans Arp, die sich im Besitz des Arp-Vereins befinden, überschatten seit Jahren das 33 Millionen Euro teure Museumsprojekt in Remagen, das am Wochenende eröffnet wurde und von Land und Arp-Verein gemeinsam betrieben wird. Umgerechnet 180 000 Euro für juristische Beratung in den Auseinandersetzungen um die Echtheit des Arp-Nachlasses erstattete das Land im Jahr 2000 dem Arp-Verein, darunter auch umgerechnet 24 000 Euro für einen Streit mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.Dort hatte der Kunsthistoriker Gert Reisig in mehreren Artikeln dem Verein vorgeworfen, Duplikate ohne nachgewiesene Erlaubnis hergestellt und nicht entsprechend gekennzeichnet zu haben. Dem Land hielt Reisig vor, zusammen mit dem Verein ein Museumsprojekt zu verfolgen und ihm Skulpturen abzukaufen, ohne sich mit der Echtheit der einzelner Werke auseinanderzusetzen. Dass der Arp-Verein der Zeitung mit rechtlichen Schritte drohte, wollte Hofmann-Göttig in der Sondersitzung des Kulturausschusses im Landtag gestern nicht gutheißen. Er ließ jedoch ein gewisses Verständnis durchblicken angesichts der schweren Vorwürfe, die teilweise auch das Land betrafen, dem naives Vertrauen und mangelnde Sachkenntnis unterstellt wurde. Von "mundtot machen" kritischer Stimmen könne aber keine Rede sein, so der Staatssekretär. Sein Ministerium habe mit Leserbriefen auf die kritischen Berichte reagiert. Zu den Kostenerstattungen an den Verein, die nur ein Drittel der reklamierten Gelder umfassten, war das Land laut Staatssekretär vertraglich verpflichtet. Im übrigen habe es heftige Kontoversen mit dem Verein darum gegeben. Aus Sicht der CDU wurden nicht nur 180 000 Euro für eine "zweifelhafte Rechtsberatung" ausgegeben, sondern auch die Zweifel an der Echtheit der gekauften Kunstobjekte nicht hinreichend geklärt. Das Land hat dem Arp-Verein für umgerechnet zehn Millionen Euro insgesamt 404 Werke abgekauft, die laut Hofmann-Göttig jedoch alle mehrfach begutachtet sind. Dass es über die Jahre immer wieder Reibereien mit dem Verein nicht nur über die Echtheits-Problematik und Rechte für Nachgüsse gab, räumte der Staatssekretär ein. Doch er sieht das Land dank fixierter Rückgaberechte auf der sicheren Seite. Zudem ist nach seinen Worten gewährleistet, dass nur zweifelsfrei echte Objekte ausgestellt werden.Der Arp-Verein bringt seinerseits Werke im Wert von 30 Millionen Euro als Dauerleihgabe in den Ausstellungsfundus ein. Forderungen des CDU-Abgeordneten Walter Wirz, sich vom Arp-Verein als Partner im Museumsbetrieb zu trennen, sind für Hofmann-Göttig unrealistisch. Ohne den Verein hätte es nach seinen Angaben kein Museum gegeben. Außerdem gibt es eine per Vertrag besiegelte Kooperation, die nur im Einvernehmen mit dem Verein aufzulösen ist. Mit der unter Experten höchst umstrittenen Frage der posthum hergestellten Werke soll sich demnächst eine Fachtagung beschäftigen. Meinung Nagende Zweifel Über dem Arp-Museum steht kein guter Stern. Das Projekt war für das Land von Anfang an mehr Pflicht denn Kür. Erst recht, als es Teil des Bonn-Berlin-Ausgleichs wurde und Bundeszuschüsse von knapp 20 Millionen Euro auf dem Spiel standen. Trotz vieler Bedenken wurde der Zug auf die Schiene gesetzt. Doch es wurden Fehler gemacht. So wurde dem Arp-Verein blind vertraut. Und es wurden ihm viel zu großzügige Rechte eingeräumt, die ihn quasi zum Alleinregenten machten, bis das Land angesichts wachsender Probleme endlich die Reißleine zog und auf Mitsprache bestand. Es wurde auch versäumt, konsequent darauf zu bestehen, nur belegte Originale und keine posthumen Nachgüsse für die Ausstellung zuzulassen. Nun läuft man Gefahr, dass der Erfolg des Museum davon abhängt, die vielen Echtheits-Zweifel auszuräumen. Das kann jedoch lange dauern. j.winkler@volksfreund.de

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