Unruhe an Winzerfront

MAINZ. Den Winzern drohen bei der Reform des Weingesetzes schärfere Hektar-Ertragsregelungen. Vorgaben der Flächenerträge würden etwa beim Anbau von Dornfelder "in bedenklicher Weise ausgereizt", heißt es warnend in einem Papier des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Rheinland-Pfalz will nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg entscheiden.

"Qualitätsorientierte Erzeugung" heißt das Schlagwort, unter dem Verbraucherschutz- und Agrarministerin Renate Künast (Grüne) striktere Vorgaben für die Hektarerträge der Winzer anstrebt. Ein Dorn im Auge ist ihrem Ministerium vor allem die innerbetriebliche Aufrechnung der Flächenerträge, mit der beispielsweise auf einem Hektar doppelt so viel wie eigentlich zulässig geerntet werden kann, wenn auf dem zweiten Hektar nichts eingebracht wird. Regelungen würden "in bedenklicher Weise ausgereizt", stellt das Künast-Ministerium fest. Die Aufrechnungspraxis sei "ein Problem", so ein Sprecher zum TV. Winken dem Winzer für seine angebauten Rebsorten sehr unterschiedliche Preise, kann er seinen Kontingent im Zweifelsfall allein mit dem höherpreisigen Wein ausschöpfen. Auslöser der Diskussion ist vor allem die in den letzten Jahren zunehmend gefragte Rotweinsorte Dornfelder, bei der es teilweise Erträge von 200 Hektoliter und mehr pro Hektar statt der vorgesehenen 105 bis 125 gab. Weil die Preise kräftig anzogen, vervierfachte sich zwischen 1996 und 2004 landesweit die Anbaufläche auf 7600 Hektar. Für Fasswein wurden 2002 bis zu 2,20 Euro pro Liter gezahlt. Doch inzwischen ist der Preis wieder auf 60 bis 70 Cent erheblich gefallen."Dornfelder an der Mosel kein Problem"

Der Dornfelder sei an der Mosel kein Problem, sagt Adolf Schmitt, Weinbaupräsident des Anbaugebietes Mosel-Saar-Ruwer. Nur rund 300 Hektar seien dort mit der Rebsorte bepflanzt. Doch wenn neue Höchsterträge drohten, sei auch noch mehr Bürokratie zu befürchten, warnt er. Der Trend hat sich nach seinen Angaben bereits wieder zu Gunsten des Weißweins gedreht. Für Schmitt heißt die sinnvollste Lösung: Trennung zwischen Rot- und Weißwein und dann jeweils einheitliche Obergrenzen unabhängig von Rebsorte oder Qualitätsstufe. Bisher gelten in vier der sechs rheinland-pfälzischen Anbaugebiete Höchsterträge nach Qualitätsstufen: Qualitätswein 105 Hektoliter pro Hektar (Mosel: 125), Tafelwein 150 und Verarbeitungswein 200. An Ahr und Mittelrhein gilt das Einwertmodell mit 100 Hektoliter. Norbert Schindler, CDU-Bundestagsabgeordneter und Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz/Süd, kündigt bereits härtesten Widerstand an, sollte es eine Aufteilung in Weiß- und Rotwein geben, wie offenbar vom Künast-Ministerium angedacht. Vorschriften abbauen statt neue zu produzieren, müsse stattdessen die Parole heißen. Er fordert, dass der Bund im neuen Weingesetz dem Land die Entscheidungsgewalt überträgt, und das Land "sich hüten sollte, sie zu nutzen". Durch Eingriffe in den Weinmarkt sei bisher immer das Gegenteil des Erwünschten bewirkt worden. Der Markt werde es besser richten, so Schindler. Der Mainzer Weinbauminister Hans-Artur Bauckhage (FDP) will keine Entscheidung über die Köpfe der Betroffenen hinweg fällen. Auch verspürt man in seinem Ministerium keine Neigung, schärfere Vorgaben aus Berlin umzusetzen und sich damit den Ärger einzuhandeln, den der Bund damit auslöse. Alles laufe auf mehr Kompetenzen der Länder ohne Berliner Vorgaben hinaus, versucht ein Sprecher des Künast-Ministeriums zu beruhigen.

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