Verhängnisvolle Blutspuren

TRIER. Das Landgericht Trier hat einen 22-jährigen Obdachlosen wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Guido H. hatte Anfang Februar in Gerolstein einen 54-jährigen Zechkumpanen erstochen und beraubt. Josef Ting, Anwalt des Täters, kündigte an, gegen das Urteil Revision einzulegen.

So regungslos, wie er den gesamten Prozess gegen ihn verfolgt hat, nimmt Guido H. am Donnerstagmittag das Urteil von Richterin Irmtrud Finkelgruen zur Kenntnis. Erst bei der einstündigen Begründung schüttelt der 22-Jährige ab und an leicht den Kopf. Guido H. soll lebenslänglich hinter Gitter, weil er einen Menschen, mit dem er zuvor schon ein paar Mal zusammen gesoffen hatte, umgebracht hat, um an dessen Geld und Wertsachen zu kommen. Das jedenfalls glaubt das Trierer Schwurgericht. Die Wende zum Schlechten - aus Sicht von Guido H. - kam während des Prozesses. Ursprünglich angeklagt war der 22-Jährige "nur" wegen Totschlags und Diebstahls. Der aus Köln stammende Obdachlose hatte in seinen Vernehmungen bei der Polizei und vor Gericht stets betont, sich mit einem auf dem Tisch liegenden Klappmesser den homosexuellen Annäherungsversuchen seines Trinkkumpels erwehrt zu haben. Erst danach sei ihm die Idee gekommen, die Wohnung des Opfers nach Wertsachen zu durchforsten. Eine Version, der weder Staatsanwalt Eric Samel noch das fünfköpfige Gericht glaubten. Sie sahen es als erwiesen an, dass der "chronisch abgebrannte" und verschuldete Guido H. den 54-jährigen Gerolsteiner schon mit der Absicht aufsuchte, ihn zu "erleichtern". Die angeblichen Annäherungsversuche - für Richterin Irmtrud Finkelgruen vom Täter konstruiert, um den Verdacht auf andere zu lenken: "Wie Guido H. die Sache geschildert hat, kann es nicht gewesen sein." So kurios es klingen mag: Letztlich war es in erster Linie die heruntergelassene Hose des Opfers, die dem Täter zum Verhängnis wurde - und aus der ursprünglichen Totschlags-Anklage letztlich eine Verurteilung wegen Mordes werden ließ. Guido H. hatte ausgesagt, sein Trinkkumpel habe sich ihm so genähert, bevor er selbst zugestochen habe. Dass dem nicht so gewesen sein konnte, zeigten die Blutspuren auf der Kleidung des Ermordeten. Sie gingen laut Finkelgruen "nahtlos vom Oberteil auf die Hose über": Indiz dafür, dass das Opfer die Hose hochgezogen hatte, als Guido zustach. Auch die Spuren vor Ort deuteten darauf hin, dass der 22-Jährige die Hose des Gerolsteiners erst heruntergezogen hatte, als dieser bereits sterbend oder tot auf dem Bett lag. "Ein Opfer so zu arrangieren, hat etwas besonders Würdeloses", sagte die Richterin. Wird das Urteil "lebenslänglich" rechtskräftig, muss Guido H. zumindest die nächsten 15 Jahre hinter Gittern verbringen. Sein Anwalt Josef Ting kündigte allerdings im Gespräch mit unserer Zeitung an, Revision einzulegen. "Das ist die einzige Chance, die Guido H. hat." Ting sagte, das Gericht habe die Diebstahlsabsicht "einfach unterstellt", Beweise dafür gebe es keine. "Es kann ja tatsächlich so gewesen sein, dass er sich erst nach der Tat entschlossen hat, das Opfer zu bestehlen." Guido H. habe "einen Menschen getötet, ohne Mörder zu sein".

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