Video entlarvt Angeklagten

TRIER. Ein wegen versuchten Mordes an seiner Ehefrau angeklagter Mann aus Trier hat zu Prozessbeginn eingeräumt, eine Leitung am Auto seiner Frau angeschnitten zu haben. Dass es die Bremsleitung gewesen sei, habe er allerdings nicht gewusst. Videoaufnahmen eines Nachbarn hatten den 63-Jährigen als mutmaßlichen Täter entlarvt.

Im schlimmsten Fall wäre der "Denkanstoß", wie der Angeklagte den Vorfall vor zwei Jahren verharmlosend nennt, in einem schrecklichen Verkehrsunfall gemündet: Seine Ehefrau bekommt an jenem Junimorgen ihr Cabriolet auf der abschüssigen Straße im Moselort Nittel nicht mehr zum Halten und stößt auf der quer verlaufenden, viel befahrenen Bundesstraße 419 mit einem anderen Fahrzeug zusammen. Ein Horrorszenario, zu dem es - wie gesagt - gottseidank nicht kam. Als die Frau an jenem Morgen aus der Wohnung ihres neuen Lebensgefährten aufbricht, bemerkt sie schon nach wenigen Metern ein ungewöhnliches Geräusch in ihrem Wagen. Sie bremst, doch nichts passiert. Geistesgegenwärtig zieht die Frau die Handbremse, das Auto bleibt nach einigen Metern stehen. Glück im Unglück: Die Frau kommt mit dem Schrecken davon. Hätte sie das Klappern im Auto auf der abschüssigen Straße nicht bemerkt oder erst später, bei höherer Geschwindigkeit, versucht zu bremsen - wäre die Geschichte wohl nicht so glimpflich ausgegangen. "Wegen der Auto-Geschichte", wie er den damaligen Vorfall heute nennt, muss sich seit gestern der 63-jährige (Noch-)Ehemann der Frau vor Gericht verantworten. Dass man ihm vor zwei Jahren auf die Schliche kam, ist vermutlich nur einem Zufall zu verdanken. Der neue Lebensgefährte der Frau hatte nach dem Beinahe-Crash die angeschnittene Bremsleitung und eine in den linken Vorderreifen gedrehte Schraube entdeckt. "Ich habe ihr nicht nach dem Leben getrachtet"

Entlarvender noch für den Angeklagten: Ein Nachbar hatte den gehörnten Ehemann dabei gefilmt, wie er sich kurz vor Mitternacht am Auto der Ehefrau zu schaffen machte. "Mir wurde auch schon mal ein Nebelscheinwerfer gestohlen", sagt der Nachbar am Dienstag vor Gericht, "deshalb habe ich damals meine Videokamera genommen und alles gefilmt". Der 63 Jahre alte Angeklagte macht einen bemitleidenswerten Eindruck. Ein wenig zusammengesunken sitzt der gelernte Installateur neben seiner Verteidigerin, die Arme gekreuzt, den Blick meist stur nach vorne gerichtet. Er, der ein Leben lang geschuftet und es dabei zu einigem Vermögen gebracht hat, steht nun vor den Trümmern seiner Existenz. So flüssig und ausführlich der Trierer über Jugend, mehrere Umzüge und drei Ehen berichtet, so ausweichend und umständlich formuliert er, wenn Vorsitzende Richterin Petra Schmitz ihn nach den Geschehnissen in Nittel befragt. "Ich kann mir die Geschichte bis heute nicht richtig vorstellen", sagt er, und: "Ich habe meiner Frau jedenfalls nicht nach dem Leben getrachtet." Zumindest Staatsanwalt Manfred Stemper ist vom Gegenteil überzeugt. Und der erste Prozesstag dürfte ihn in seiner Meinung bestärkt haben. Die Verhandlung wird heute fortgesetzt.

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