Viel Heimat in Berlin

Vorübergehend führungslos muss Rheinland-Pfalz an diesem Donnerstag gewesen sein: Offenbar alle politisch Verantwortlichen ab Landrat aufwärts hatten sich auf den Weg in die Bundeshauptstadt gemacht, um dort beim Rheinland-Pfalz-Fest Flagge zu zeigen.

Seit einigen Jahren bereits steht das gesellige Beisammensein von Provinz und Metropole unter dem Motto "Heimat", angelehnt an die Hunsrück-Saga von Regisseur Edgar Reitz. Der Titel habe schon festgestanden lange vor einem bestimmten Ereignis, versicherte Ministerpräsident Kurt Beck mit Schmunzeln in seiner Begrüßung unter Anspielung auf seinen als Rückzug in die Heimat angesehenen Rücktritt vom SPD-Bundesvorsitz.

Das ihm vor allem von der Hauptstadt-Presse angeheftete Provinzler-Image lässt ihn allerdings noch nicht unbeeindruckt. Es gebe auch Ballungsräume im Land der Heimat, klärte er vermeintliche Landeskenner auf, um dennoch trotzig anzumerken, dass er mit Stolz Teil der Provinz Rheinland-Pfalz sei. Mit dieser Feststellung begrüßte er die Medienvertreter "ganz besonders herzlich." Ansonsten war Beck in seinem Element: Begrüßungen, Händeschütteln, Gespräche. Für jeden ein Wort finden und nebenher auch Werbung für das Land machen. "Er ist ganz gut drauf", so die Erkenntnis der früheren EU-Kommissarin Monika Wulf-Mathies. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel weilte kurzfristig unter der Gästeschar in der Landesvertretung - noch ganz beeindruckt von ihrer jüngsten Rheinland-Pfalz-Visite, die sie nach dem Trierer CDU-Parteitag zum Dürkheimer Wurstmarkt führte. Dort hat sie nach eigenen Worten auch schnell gemerkt, dass es bei diesem Markt mehr um Wein als um Deftiges vom Metzger geht.

Während die Führungsriege der Landes-CDU der Kanzlerin etwas bekannter zu sein scheint, tut sie sich mit den Genossen hinter Beck offensichtlich noch etwas schwer. SPD-Fraktionschef Jochen Hartloff ordnete sie als Künstler ein, weil er ein schmuckes Halstuch trug. "Das ist er auch manchmal", klärte Beck die Kanzlerin mit vielsagendem Grinsen auf. Großen Erkenntnisgewinn vom Festabend nahm auch eine kesse Berlinerin mit nach Hause: Die zehnjährige Eva nutzte die einmalige Chance und drängelte sich mutig durch den dichten Begleiter-Pulk zu Merkel und Beck, um sich die Kanzlerin aus der Nähe anzuschauen. "Gut" fand sie das Ganze nach einem kurzen Geplauder mit den Promis und zog mächtig stolz von dannen.

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