Viel Sonne, viel Schatten

Die Kleiderordnung war noch ganz auf Urlaub ausgerichtet und das Gesicht von der warmen Sonne Andalusiens gebräunt, doch die Ferienstimmung war vollends dahin, als Kurt Beck in dieser Woche über gut zwei Stunden versucht hatte, Vizekanzler und Parteifreund Franz Müntefering auf seine Seite zu holen.

Der Sauerländer wäre seinem Ruf auch nicht gerecht geworden, hätte er sich im Gästehaus der Landesregierung vom SPD-Parteichef und vom Mainzer Flair so mir nichts, dir nichts auf ein längeres Arbeitslosengeld einschwören lassen. So verhandelte man mit Unterstützung von SPD-Fraktionschef Peter Struck hin und her, um am Ende ein großes Paket zu schnüren, das viel Einigkeit demonstrieren sollte, eben nur in einem Punkt nicht: dieser vermaledeiten Sache mit dem Arbeitslosengeld. Daraufhin rauschte der Vizekanzler wortlos - und unidentifizierbar hinter den abgedunkelten Scheiben - in seiner Dienstlimousine davon. Peter Struck nahm es gelassen, und folgte am Steuer seines privaten Geländewagens, den er offensichtlich vorsorglich mitgebracht hatte, um die ein oder andere Hürde zu nehmen, die sich dann jedoch als zu hoch herausstellte. Kaum hatte Kurt Beck die anderen Spitzengenossen über die gescheiterte Mission informiert, verkündete Müntefering im nahen Frankfurt, dass er standhaft auf seiner eigenen Seite bleibe. Nicht gerade glücklich schaute indes Kurt Beck in Mainz drein. Seinen verkniffenen Blick führte der Pfälzer allerdings auf die kräftig strahlende Herbstsonne zurück. Den Schatten über dem fruchtlosen Treffen konnte sie allerdings nicht überstrahlen.

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