Viel Theorie ohne Praxis

Zu strenge Vorgaben für Kommunen, eine zu ungleiche Chancenverteilung zwischen Stadt und Land, zu viel Regulierungswut: Von vielen Seiten hagelte es Kritik am Regierungsentwurf zum neuen Landesentwicklungsprogramm. Bislang gab es gut 500 Einwände. Heute läuft die Frist ab.

Mainz. Das Landesentwicklungsprogramm IV, das quasi den Fahrplan für mindestens die nächsten zehn Jahre im Land umreißt, wird im Entwurf wohl in wichtigen Punkten umgeschrieben. Die CDU forderte am Freitag sogar einen kompletten Neustart mit neuer Anhörung. Dass es einen kommunalen Aufschrei geben werde, hatte Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) geahnt, als er den Entwurf vorstellte. Schließlich will sich das Land angesichts sinkender Einwohnerzahlen stärker in die Entwicklung der Orte einmischen und mehr Zusammenarbeit verordnen.Das Kooperationsgebot kann nicht bleiben, weil es zu viel Theorie ist, die mit der Praxis nichts zu tun hat, hält ihm die LEP-IV-Expertin der CDU, Jeanette Wopperer, entgegen. Statt "Zwangsehen" von Mittelzentren einfach nach räumlicher Nähe zu verordnen und dabei etwa wenig miteinander verbundene Städte in einen Topf zu werfen, müsse die Aufgaben bezogene Zusammenarbeit im Vordergrund stehen. Nicht hinnehmen will die Union, dass die Ausweisung von Bebauungsflächen nur noch auf Haltepunkte des Rheinland-Pfalz-Taktes begrenzt wird. Dagegen gibt es sogar verfassungsrechtliche Bedenken. Kritik auch von SPD-Kommunalpolitikern

Das LEP IV greife weit in kommunales Leben ein, sei aus Sicht des Ministeriums geschrieben und lasse die Belange der Bevölkerung außer Acht, moniert der Trier-Saarburger Landrat Günther Schartz. Die Interessen von Landwirtschaft und ländlichem Raum sieht der Bauern- und Winzerverband nicht ausreichend berücksichtigt. Er will den Erhalt der landwirtschaftlichen Nutzflächen und deren Schutz vor einer anderen Nutzung festgeschrieben wissen. Ein wirkungsvolles Vorgehen gegen die zunehmende Zersiedlung der Landschaft und die Überbauung wertvoller Ackerböden verlangt der Naturschutzverband BUND. Er fordert vom Land, den Vorrang einer Innenentwicklung der Orte vor Außenerweiterung durch strenge Vorgaben umzusetzen und gegenläufige Projekte zu verhindern.Nach reichlich Kritik auch von SPD-Kommunalpolitikern deutet der Innenexperte der Landtagsfraktion, Hans-Jürgen Noss, konkrete Nachbesserung im LEP an, die die Mehrheitsfraktion dem Innenministerium aufgeben will. So sollen Ballungsräume und ländlicher Raum in den Entwicklungsperspektiven ausdrücklich gleich gestellt werden. Auch die Beschränkung neuer Flächenausweisungen auf Orte mit Zughalten im Rheinland-Pfalz-Takt wird laut Noss gekippt. Am Kooperationsgebot für benachbarte Mittelzentren im gleichen Bereich wird grundsätzlich festgehalten. Allerdings soll künftig auch über Kreisgrenzen hinweg unter Mittelzentren einfacher zusammengearbeitet werden. Das Innenministerium will in den kommenden Wochen erst einmal alle Einwände prüfen.

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