Von aufregenden Zeiten und "Wasser-Kochern"

MAINZ. So verschieden die fünf neuen Volksvertreter aus dem Trierer Land ihren Einzug ins Parlament erlebten, so unterschiedlich sind auch ihre ersten Eindrücke vom Abgeordnetenleben. Spannend ist der neue Alltag für alle gleichermaßen.

Bettina Brück Erst, als die Landtagswahl gelaufen war, hat sich Bettina Brück (SPD, Thalfang) mit dem Wechsel in die Landespolitik konkret befasst. Was sie seitdem erlebt hat, war für sie neu und aufregend: lebendige Debatten, Zuhören und Reaktionen mit Zwischenrufen. Alles munter, aber irgendwie doch auch diszipliniert. Ins Schwärmen gerät die Diplom-Verwaltungswirtin, wenn sie den Wechsel zur Vollzeit-Politikerin an sich vorbeiziehen lässt. Atmosphäre und Professionalität vermittelten im Landtag ein ganz anderes Gefühl als in Kreistag, Verbandsgemeinde- und Gemeinderat, bemerkt die 38-Jährige. Bürgeranliegen aufnehmen und Ansprechpartner für Menschen sein: Ihr Hobby sei zum Beruf geworden, stellt Brück strahlend fest. Im Bildungs- und im Petitionsausschuss fühlt sie sich bestens aufgehoben und freut schon auf ihre erste Rede, auch wenn sie dann "vielleicht etwas aufgeregt" sein wird und sich bei 53 Kollegen sicher auch noch einige Zeit gedulden muss. Sollte sie bei aller Euphorie abheben, hat die Hunsrückerin schon Familie und Freunde ermahnt, sie schnell wieder auf den Boden zu holen - denn sie will weiter "mitten im Leben stehen". Bernd Henter Juristisch-sachlich und mit einem ordentlichen Schuss Nüchternheit betrachtet Bernd Henter (CDU, Konz) seine ersten Mainzer Tage. Weniger aufregend, dafür "sehr gediegen und feierlich" hat der Jurist Plenarsitzungen bislang erlebt. Er wolle mal sehen, wie es sich entwickele, meint der 48-Jährige und lässt durchblicken, dass die Debatten ein bisschen lebendiger sein dürften. Große Unterschiede zur Kommunalpolitik kann er nicht erkennen: "Die kochen auch hier alle nur mit Wasser", lautet sein für ihn wenig überraschender Eindruck. Auch sonst sieht er wenig Änderungen gegenüber seinem Beigeordneten-Job in der Verbandsgemeinde Konz, den er wegen der Unvereinbarkeit beider Wahlämter aufgeben musste. Viele Anliegen werden ihm mit auf den Weg gegeben, und weiterhin ist er fast jeden Abend auf Terminen unterwegs. Er hat sich als Mitglied des Innen- und des Rechtsausschuss vorgenommen, vor allem am Gesetzesdschungel die Axt anzusetzen. "Alles wird komplizierter, und alle leiden darunter", klagt Henter. Selbst Verwaltungsfachleute wie er blicken oft nicht mehr durch den allgemeinen Wust von Vorschriften. Dass er als Neuling auch schon in einem dritten Gremium, dem Wissenschaftsausschuss, sitzt, lässt Henter in aller Ruhe auf sich zukommen. Wie viele seiner "Neueinsteiger"-Kollegen muss auch er sich erst einmal mit einem Dasein als Hinterbänkler abfinden. Doch das stört ihn nicht weiter, denn "Altgediente sagen, hinten sind die schönsten Plätze". Alfons Maximini Viele Debattenrituale und einseitige Blicke durch die Parteibrille hat Alfons Maximini (SPD, Konz) zwar bereits in den ersten Landtagssitzungen ausgemacht, vor allem natürlich bei der Opposition. Beeindruckend findet er das Plenum-Erlebnis dennoch. Bereits vor den ersten offiziellen Terminen gab es reichlich Ansprache vor Ort und Wünsche an den 53 Jahre alten Diplom-Ingenieur. "Die Menschen erwarten Einsatz", weiß Maximini. Da erweist sich oft der kurze Draht von der Regierungsfraktion in die Ministerien und vor allem zu den Ressortchefs als äußerst hilfreich, um an Informationen zu kommen oder auf dem kleinen Dienstweg Themen in Erinnerung zu rufen. In Mainz ist die SPD an der Regierung, in der Region allenthalben in der Opposition. Deshalb ist es für Maximini nach dem überraschenden Erstarken seiner Partei in der Trierer Kante naheliegend, mit den CDU-Kollegen schon mal näher zusammenzurücken, gerade wenn es um Verkehrsprojekte wie mögliche Alternativen zum umstrittenen Moselaufstieg geht. Aus dem erhofften Sitz im Sozialausschuss wurde zwar am Ende die Mitgliedschaft im Umwelt- und im Medienausschuss, der Konzer ist gleichwohl zufrieden. Für eines seiner besonderen Anliegen könnte der Umweltausschuss sogar von Vorteil sein, will Maximini doch für einen Neubau der Wiltinger Brücke auch einen leicht geänderten Standort - und das ist nach seinen Angaben aus Naturschutzgründen eine schwierige Sache. Arnold Schmitt Opposition in Mainz, dass heißt für Arnold Schmitt (CDU, Riol) vor allem dicke Bretter bohren. "Ein Sack voller Ideen" hat der selbstständige Kaufmann und Ortsbürgermeister, der "nicht unbedingt" seinen direkten Einzug erwartet hatte, mit auf den Weg in die Landeshauptstadt genommen. Der politische Alltag hat ihn allerdings schon etwas gebremst. In der Überzeugung, für eine "vernachlässigte Region" in Randlage in Mainz zu kämpfen, sind die Trierer Abgeordneten nämlich im Landtag keineswegs allein, wie er feststellen musste, sondern in Konkurrenz zu Westerwäldern, Westpfälzern und anderen. Das professionelle Umfeld in der Landespolitik und "faszinierende Debatten" haben dennoch Eindruck hinterlassen. Die Rede seines Fraktionschefs Christian Baldauf zu Kurt Becks Regierungserklärung war laut Schmitt gut. Wie der Ministerpräsident allerdings als "alter Fuchs" zurückgeschlagen hat, nötigt auch ihm Respekt ab. "Ein Politiker durch und durch", sagt Schmitt anerkennend. Mit dem angestrebten Sitz im Wirtschaftsausschuss hat es für den 51-Jährigen zwar nicht geklappt, doch ist er bei Landwirtschaft und Weinbau zum Zuge gekommen und sitzt im Umweltausschuss. Die Mittelstandspolitik bleibt gleichwohl einer seiner Arbeitsschwerpunkte. Ingeborg Sahler-Fesel Hin und her gerissen zwischen "sehr beeindruckt" und "verwundert" hat Ingeborg Sahler-Fesel (SPD, Trier) ihren Einstand als Abgeordnete erlebt. Absolut unverhofft rutschte sie als 53. und damit letzte Mandatsträgerin ihrer Partei ins Parlament und schwebte tagelang "wie auf einer Wolke", als damit ein Traum in Erfüllung ging. Jetzt erlebt sie ein völlig anderes Flair und Gefühl als im Trierer Stadtrat. Andererseits ist sie erstaunt über den Debattenstil mit Zwischenrufen und Emotionen. Ja, teilweise kommt es ihr tumultartig vor, wenn versucht wird, Redner aus dem Konzept zu bringen. Aber natürlich werde damit die Auseinandersetzung auch lebendiger, räumt sie ein und ist noch nicht ganz sicher, was denn am Ende mehr Sinn macht. Viele Eindrücke müssen erst einmal sortiert werden. Da trifft es sich gut, dass sie ganz wunschgemäß von ihrer Fraktion in den Sozialausschuss geschickt wurde und damit in ihrem langjährigen politischen Arbeitsschwerpunkt zu Hause bleiben kann. Erste merkwürdige Erfahrungen hat sie als neue Landtagsabgeordnete allerdings auch schon gemacht. Sie müsse die Mehrwertsteuererhöhung verhindern, wurde ihr von Bürgern mit auf den Weg gegeben. Und Eintrittskarten für die Fußball-WM-Spiele wurden bei ihr auch schon angefordert. Schließlich sollen doch Abgeordnete immer an die heiß begehrten Tickets kommen. Dann schmunzelte Ingeborg Sahler-Fesel über den unterstellten Einfluss von Landtagsabgeordneten und nimmt sich vor, für die Zuschüsse der sozialen Einrichtungen in der Region zu kämpfen. Das ist wenigstens etwas Handfestes.

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