Von der Spritzbetonsäule zum Dübelschacht - Umstrittene Hochmoselbrücke: Was kostet sie wirklich?

Ürzig/Mainz · Kurz vor den Landtagswahlen wird die Kostensteigerung beim umstrittenen Hochmoselübergang zum brisanten Streitthema. Der Eifelhang, vor dessen Instabilität Experten schon lange warnen, muss nun doch gesichert werden. Der Landesbetrieb Mobilität betont, es sei nicht üblich, die Öffentlichkeit über solche Arbeiten zu informieren.

 Ein Blick aus dem Autofenster zeigt: Die Arbeiten an der Hochmoselbrücke kommen voran. Nur der Eifelhang (hinten) macht Probleme. TV-Foto: Klaus Kimmling

Ein Blick aus dem Autofenster zeigt: Die Arbeiten an der Hochmoselbrücke kommen voran. Nur der Eifelhang (hinten) macht Probleme. TV-Foto: Klaus Kimmling

Foto: klaus kimmling (g_pol3 )

So manche Partei nutzt es als Steilvorlage, dass der steile Eifelhang bei Ürzig für den Bau der Hochmoselbrücke nun aufwendig gegen Rutschungen gesichert werden soll. Wie teuer das Ganze ist, wird sich frühestens herausstellen, wenn die Arbeiten ab dem 14. März, dem Tag nach der Landtagswahl, vergeben werden. Der Landesbetrieb Mobilität spricht von zehn bis 20 Millionen Euro, Rafig Azzam, ein angesehener Ingenieurgeologe aus Aachen, schätzt die Kosten auf 50 bis 100 Millionen Euro (der TV berichtete), was laut Verkehrsministerium "völlig überzogen" ist.

Die ÖDP fühlt sich in ihren Warnungen bestätigt und fordert einen sofortigen Baustopp. Die CDU nennt es unverantwortlich, dass die Öffentlichkeit und das Parlament nicht über die Arbeiten informiert wurden.

Ein Vorwurf, den der Landesbetrieb Mobilität (LBM) nicht nachvollziehen kann. Die Vergabe einer Vielzahl von Bauaufträgen gehöre zum Kerngeschäft des LBM und sei im Zusammenhang mit einer solchen Großmaßnahme "nichts Außergewöhnliches", erklärt der Technische Geschäftsführer Bernd Hölzgen und fügt hinzu: "Daher ist es nicht üblich und auch nicht zweckmäßig, das Parlament oder die Öffentlichkeit im Einzelnen über solche, in erster Linie bauvertragliche Dinge, vorab zu informieren."

Auch die SPD-Landtagsabgeordnete Bettina Brück weist die Kritik der CDU zurück. "Unvorhergesehene Kosten gehören zu Großprojekten leider dazu", sagt sie. An der Sicherheit dürfe keineswegs gespart werden.

Die Erläuterungen des LBM

Zudem verweist die SPD darauf, dass bereits im Juni 2015 vereinbart und kommuniziert worden sei, dass Hangsicherungsarbeiten ergriffen werden. Tatsächlich informierte die Landesregierung das Parlament damals darüber, dass mögliche Maßnahmen für eine Sicherung des Hangs geplant würden. Allerdings betonte der LBM auf Presseanfragen immer wieder (der TV berichtete), dass offen sei, ob diese Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden. Dies geschehe dann, wenn die Hangbeobachtung dies erforderlich mache. Das geht auch aus einer Kleinen Anfrage der Grünen vom 3. Juni 2015 hervor.

Anders als Brück in ihrer Pressemitteilung betont, wurde im Juni auch nicht "genau das angekündigt, was nun umgesetzt wird". Denn damals waren noch Spritzbetonsäulen geplant. Inzwischen jedoch sollen sechs 40 Meter tiefe Dübelschächte den Hang sichern. Dass diese nun wirklich gebaut werden, erfuhr die Öffentlichkeit, weil Brückengegner die Vorinformation zur Ausschreibung online entdeckten und der Presse zuspielten.

Auf TV-Anfrage erläutert der LBM, warum man sich gegen die ursprünglich geplante Hangsicherungsmethode entschied: Nur in den oberen Hangschichten wäre die Herstellung der zwei Meter breiten und bis zu 35 Meter langen Spritzbetonsäulen aufgrund der lockeren Bodenbeschaffenheit möglich gewesen. In den tieferen Bereichen, wo die Schichten fester seien und auch größere Felsbrocken vorkommen, wäre das Verfahren jedoch an seine Grenzen gestoßen.

"Eine planmäßige Herstellung der Betonsäulen auf der kompletten Länge konnte nicht gewährleistet werden und es wäre ein zu großer Aufwand gewesen, sodass das Verfahren (das ursprünglich mit maximal zehn Millionen Euro beziffert worden war, Anmerkung der Redaktion) unwirtschaftlich geworden wäre. Daher hat man sich für die Dübelschächte entschieden", heißt es vom Landesbetrieb.

Statt der Säulen sind nun runde Schächte mit Wänden, die einen Meter dick sind, geplant. Ab dem 4. Juli - so steht es in der Vorinformation zum Vergabeverfahren, das am 14. März startet - sollen diese 40 Meter tief in den Moselhang getrieben werden. An diesen sechs Meter breiten Dübelschächten werden laut LBM insgesamt 120 Anker befestigt, die je 50 Meter tief in den Berg hineinragen, um diesen rückseitig zu sichern. Gemeinsamkeit der unterschiedlichen Planungen ist ein 40 Meter tiefer Entwässerungsschacht.

Die Kritik der Bürgerinitiative

"Das war alles abzusehen. Die Probleme sind schon seit Jahren bekannt", sagt Elisabeth Reis von der Bürgerinitiative Pro Mosel. Schon im Rahmen des Planungsverfahrens habe es wegen des Hangs, der in der Hangstabilitätskarte des Landesamts für Geologie als Rutschgebiet ausgewiesen ist, Einwände geben. Zahlreiche Experten hätten gewarnt. Auch Winzern sei bekannt gewesen, dass der Berg labil ist. "Aber es wurde immer gesagt, das sei alles kein Problem", sagt Reis, die sich über die hohen Kosten des Hochmoselübergangs besonders ärgert, weil sie überzeugt ist, dass es für ein Straßenprojekt dieser Größenordnung keinen Bedarf gibt.

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