Von links in die Mitte

Auf dem "Zukunftskonvent" der SPD am Samstag in Nürnberg soll die stellvertretende Parteivorsitzende Andrea Nahles offiziell nur eine Nebenrolle spielen - oder doch viel mehr?

Nürnberg. (vet) Der "Zukunftskonvent" der SPD am Samstag in Nürnberg war lange geplant. Über die Perspektiven des Landes wolle man dort diskutieren, sagt Generalsekretär Hubertus Heil, "und weniger über die eigene Partei". In Wahrheit handelt es sich um ein Krisentreffen in eigener Sache. Von einem Führungsvakuum ist die Rede und von "Parteifreunden", die den angeschlagenen Vorsitzenden Kurt Beck nur noch am Nasenring durch die politische Manege ziehen. Ausgerechnet Angela Merkel hat das Unbehagen der Genossen jetzt in eine spitze Bemerkung verpackt: Manchmal wisse man gar nicht mehr, wer bei der SPD das Sagen habe, der "amtierende Vorsitzende" oder Frau Nahles, meinte die Bundeskanzlerin vor ihrer CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Die stellvertretende Parteivorsitzende Andrea Nahles wird in Nürnberg offiziell nur eine Nebenrolle spielen. Lediglich ein Auftritt in einem der 20 Veranstaltungsforen ist geplant. Ihre ursprünglich angekündigte Teilnahme an der abschließenden Podiumsveranstaltung müsse wegen eines anderweitigen Termins entfallen, heißt es in der Berliner SPD-Zentrale. Ein Zufall, sicher. Der Ruf der 37-jährigen Ex-Juso-Chefin, "heimliche Parteivorsitzende" zu sein, dürfte darunter allerdings nicht leiden. Nach außen tritt die ehrgeizige Politikerin ohnehin wenig in Erscheinung. Als linke Frontfrau sammelt Nahles ihre Truppen lieber im Verborgenen. Sie ist eine Strippenzieherin. Und die Rheinland-Pfälzerin war dabei schon mehrfach erfolgreich. Jüngstes Beispiel ist die Kür der SPD-Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan. Während Beck und seine anderen beiden Stellvertreter Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier noch auf eine Wiederwahl von Horst Köhlers eingeschworen waren, arbeitete Nahles schon an einem zweiten Anlauf der Universitätsprofessorin aus Frankfurt/Oder. Sie überzeugte immer mehr Landesverbände, vor allem des linken Parteiflügels. So entstand im Verborgenen eine regelrechte Welle. Zum Schluss blieb Beck nichts andere übrig, als die Entscheidung formal in die Hand des Parteivorstands zu legen. Nahles hatte ihr Ziel erreicht.Andererseits kann Nahles ihr Mäntelchen auch schnell nach dem Wind drehen. Als Müntefering jetzt noch einmal einen ausdrücklichen Abgrenzungsbeschluss zur Linkspartei verlangte, entgegnete sie zunächst kühl: Es gebe schon einen Beschluss. "Das muss reichen". Wenige Stunden später klingt das so: "Es spricht nichts dagegen, das im Rahmen eines Parteitages noch einmal zu bekräftigen". Kurz zuvor hatte das Kurt Beck gesagt.In der ARD-Sendung "hart, aber fair" am Mittwochabend wurde die Abiturzeitung aus Nahles' Schulzeit eingeblendet. Als Berufswunsch gab sie damals "Hausfrau oder Bundeskanzlerin" an. Ersteres kann man getrost streichen.

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