"Wahrscheinlich technische Panne"

TRIER. Wann immer ein Flugzeug abstürzt, ist Georg Fongern einer der gefragtesten Experten in Deutschland. Der TV sprach mit dem Vorstandsmitglied der Pilotenvereinigung Cockpit über den jüngst veröffentlichten Bericht zum Luxair-Absturz Anfang November.

Sie haben den Bericht gelesen. Was ist für Sie die wahrscheinliche Unglücksursache?Fongern: Das Dossier ist nur ein Zwischenbericht. Es trägt die Fakten zusammen, enthält aber kein endgültiges Ergebnis, warum die Maschine abgestürzt ist. Können Sie aus dem Bericht denn etwas mehr "herauslesen"? Fongern: Die entscheidende Frage ist: Wie konnte es passieren, dass die Propeller in den so genannten Beta-Range-Modus, den Gegenschub, wechselten. Das ist nach wie vor nicht geklärt. Geklärt ist aber, dass die Piloten den Lande-Anflug zu spät eingeleitet haben. Ist das problematisch? Fongern: Der Pilot war etwa 100 bis 150 Fuß über dem Soll-Wert. Angesichts der Höhe der Maschine und der Entfernung zur Landebahn war das zwar ungewöhnlich, aber nicht gefährlich. Haben die Piloten richtig gehandelt, nachdem sie wegen der geringen Sicht zunächst nicht, dann aber doch landen wollten?Fongern: Wie die Aufzeichnung des "voice recorders" zeigt, haben die Piloten gesagt: Wenn wir in einer bestimmten Höhe nichts sehen, starten wir durch. Das ist das normale Verfahren. Hatten die Piloten nach dem Ausfall beider Triebwerke überhaupt noch eine Chance, die Maschine sicher zu landen? Fongern: Das wäre angesichts des dichten Nebels schon ein absoluter Glückstreffer gewesen. Noch einmal: Die entscheidende Frage ist: Wie konnten die Propeller in diese Stellung geraten, die eigentlich nur am Boden eingelegt werden kann. Welche Sicherheitsvorkehrungen verhindern, dass der "Beta-Range-Modus" während des Flugs eingelegt werden kann? Fongern: Es gibt drei eingebaute Sicherungen. Im Cockpit selbst muss der Pilot die Gashebel über einen mechanischen Widerstand zurückziehen. Anschließend bleiben die Propeller dennoch in der "Flugstellung", weil das Fahrwerk noch keinen Bodenkontakt hat, und die Propeller erst dann umgestellt werden können. Dritte Sicherung ist ein Umdrehungsmesser am Fahrwerk. Der gibt die Propeller-Mechanik erst frei, wenn sich die Räder schnell genug drehen. Hat der Untersuchungsbericht nicht letztlich mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet?Fongern: Der Bericht hat Fakten zusammen getragen. Mehr ist es noch nicht. Was erhoffen Sie sich von dem für Ende des Jahres angekündigten Abschlussbericht? Fongern: Es muss klar werden, wie die Propeller in diese Beta-Stellung kamen. Nicht, dass uns das noch mal passiert. Müssten bis zur endgültigen Klärung nicht alle Fokker 50-Maschinen auf dem Boden bleiben? Fongern: Fokker hat nach dem Luxair-Absturz ein Service-Bulletin veröffentlicht, in dem auf die Problematik aufmerksam gemacht wurde. Allerdings: Wenn man nicht weiß, an welchem Rädchen man drehen muss, ist es auch schwer, eine konkrete Warnung herauszugeben. War es nun technisches oder menschliches Versagen oder möglicherweise beides? Fongern: Bislang deutet alles auf technisches Versagen hin. Mit Georg Fongern sprach TV-Redakteur Rolf Seydewitz.

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