War’s der große Unbekannte?

TRIER. Ein wegen Mordes an seiner Ehefrau angeklagter Mann aus Nittel (Kreis Trier-Saarburg) hat am zweiten Prozesstag jegliche Tatbeteiligung bestritten und gleichzeitig den Verdacht auf ausländische Erntehelfer gelenkt. Zudem räumte der 45-Jährige die Beziehung zu einer anderen Frau ein.

Thomas B. ist ein höflicher Mensch. Als der Angeklagte am Donnerstag im alten Trierer Schwurgerichtssaal einen handgeschriebenen Lebenslauf verliest, beginnt er, als hielte er eine Festansprache: "Sehr geehrte Frau Vorsitzende, werte Anwesende…" Es wirkt unpassend, fast schon ein wenig surreal. Das wirkliche Leben von Thomas B. verläuft dagegen bis zu jenem verhängnisvollen Novembertag, an dem seine sieben Jahre jüngere Ehefrau Michaela erschlagen in einem Waldstück aufgefunden wird, so normal und unspektakulär wie das vieler Jungen vom Land: aufgewachsen in behüteten Verhältnissen, Hauptschulabschluss, Schlosserlehre, Bundeswehr, Job. Vor 17 Jahren lernt Thomas seine spätere Frau kennen - bei der Traubenlese im Weinberg. "Da hat's gefunkt", sagt er, "alles hat gepasst. Michaela, das war die Frau". Die beiden ziehen zusammen, heiraten kurz darauf, bauen an sein Elternhaus an. 1994 wird der gemeinsame Sohn geboren. Beide Eltern jobben - er als Gemeindearbeiter, sie in einem großen Trierer Unternehmen. "Michaela und ich nahmen am Dorfgeschehen regen Anteil", sagt Thomas B., bevor er ebenso höflich endet, wie er begonnen hat: "Danke, dass ich Gelegenheit hatte, meinen Lebenslauf vorzutragen." Zur Sache selbst sagt Thomas B. nichts. Das überlässt er seinem Verteidiger Otmar Schaffarczyk. Eine halbe Stunde lang listet der Anwalt "im Namen meiner Mandantschaft" minutiös auf, wie Thomas B. den Tag des Verschwindens seiner Frau verbracht hat; wie sich Michaela am Nachmittag mit einem Kuss von ihm verabschiedet habe, wie sie vom Walken nicht nach Hause gekommen sei, er sie zunächst telefonisch, später mit Freunden und der von ihm alarmierten Polizei gesucht habe, wie er tags darauf die Todesnachricht erhalten habe und er schließlich festgenommen worden sei. Seit diesem Tag, sagt sein Anwalt, "trauert er und leidet unter der Haft". Und Thomas B. hoffe inständig, "dass der wahre Täter gefunden und verurteilt wird". Seine Befürchtung habe er bei der Suche nach seiner Frau bereits Bekannten gegenüber geäußert: "Wegen der Traubenlese sind viele ausländische Helfer in der Gegend. Und ich habe Angst, dass Michaela von solch einer Person etwas zugefügt worden ist." Sitzt also womöglich der Falsche hinter Gittern? Oder hat Thomas B. nur frühzeitig versucht, eine falsche Fährte zu legen? Der Prozess wird heute fortgesetzt.

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