Wartelisten und Unterversorgung

Der Vorstand der Bundesärztekammer will beim 111. Ärztetag "gesundheitspolitische Leitsätze" vorlegen. Das "Ulmer Papier" für das Treffen vom 20. bis 23. Mai ist nun fertig: Auf 35 Seiten gehen Deutschlands Mediziner scharf mit der medizinischen Versorgung und der Gesundheitspolitik ins Gericht.

Berlin. Im Positionspapier heißt es, tatsächlich könnten "Leistungen für die Patienten nicht mehr im medizinisch gebotenen Umfang und/oder nicht zum gebotenen Zeitpunkt erbracht werden". Es gebe Wartelisten, Unterversorgung und Rationierungen. Grund dafür seien Sparzwänge, so Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe. Dies müsse die Politik endlich offen sagen. Die Ärztekammer schlägt vor, in einem "Gesundheitsrat" künftig diskutieren zu lassen, was als medizinische Leistung wirklich wichtig ist und von der Krankenkasse auf jeden Fall bezahlt werden sollte - etwa die Notfallmedizin oder chronische Krankheiten. Am Ende der Skala könne demnach "Wellness" stehen. Nach diesen Vorschlägen müsse dann der Bundestag die Prioritäten festlegen. Mit ihrem Papier hoffen die Ärzte, wieder in die Offensive zu kommen, nachdem sie wegen Benachteiligungen von Kassenpatienten oder Behandlungsfehlern in den vergangenen Monaten heftig in die Kritik geraten waren. In den Ulmer Leitsätzen beklagt die Kammer vor allem den Zustand des Gesundheitswesens: Es gebe inzwischen "Überregulierung und Überbürokratisierung" in "bislang unbekanntem Ausmaß". Dies habe auch dazu geführt, dass Patienten vielfach keine "bedarfsgerechte Versorgung" mehr erhielten. Zugleich wanderten immer mehr Ärzte ins Ausland ab, "um ein deutlich höheres Einkommen zu erzielen". Bei rückläufigen Ärztezahlen im Hausarztbereich müsse erprobt werden, ob Leistungen, die bislang unter Arztvorbehalt stehen, an nichtärztliche Gesundheitsberufe übertragen werden könnten. Überdies fordert die Kammer von Bund und Ländern ein "Sofortprogramm zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Situation der Krankenhäuser". In Kindergärten und Schulen soll das Fach "Gesundheitskunde" eingeführt werden. Außerdem wollen die Ärzte die generell beitragsfreie Ehegattenversicherung abschaffen und einen "Gesundheitssoli" einführen.

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