Warten auf bessere Zeiten

MAINZ. Die Opposition im Landtag will trotz heftiger Kritik am Entwurf des Landeshaushalts 2004 mit der SPD-FDP-Regierung über Änderungen verhandeln. CDU und Grüne prangerten vor allem das Überschreiten der Verfassungsgrenze bei der Neuverschuldung an.

Von "bestürzender Ratlosigkeit" und einem Finanzminister als "Konkursverwalter" redete die Opposition, als sie sich einen Tag nach Einbringung des Haushaltes 2004 das Zahlenwerk von Ressortschef Gernot Mittler (SPD) vornahm. Auch wenn ihre Attacke nicht mehr so strikt den früheren Ritualen mit Breitseiten an Wortgetöse folgte, die Kritik blieb in der Sache hart. Ein Hauptangriffspunkt war die steigende Neuverschuldung des Landes, die 2004 erstmals - geplant - mit 200 Millionen Euro über den Investitionen liegt und damit die verfassungsgemäße Obergrenze durchbricht. Dies ist nur als Ausnahmeregel bei einer besonderen Wirtschaftslagen zulässig. Ministerpräsident Kurt Beck räumte ein, dass es viele Erbhöfe bei den Subventionen gibt. Er kündigte schmerzhafte Einschnittte an.CDU-Fraktionschef Christoph Böhr hielt der Koalition vor, die Verfassungsgrenze zu brechen und damit zu dokumentieren, dass ihr die Probleme längst aus den Händen geglitten seien. Statt wie in anderen Ländern die Notbremse zu ziehen, warte Mainz auf bessere Zeiten. Mit denen ist laut Böhr jedoch so nicht zu rechnen. "Wir reden über Makulatur, ein Papier mit falschen Zahlen", monierte er zum Haushalt. Die CDU fordert einen Nachtragsetat für 2003 angesichts der von Mittler bereits eingeräumten drohenden Haushaltslöcher von bis zu 500 Millionen Euro. Auch der Etat-Entwurf 2004 müsse entsprechend überarbeitet werden. Die geplanten finanziellen Einschnitte bei den Beamten hält Böhr 2004 für unvermeidbar. Für 2003 sind sie aus seiner Sicht allerdings ein Vertrauensbruch. Um zu sparen, fordert die CDU den Abbau staatlicher Vorgaben und eine durchgreifende Verwaltungsreform.SPD-Fraktionschef Joachim Mertes wies den Vorwurf des Verfassungsbruchs zurück. "Es reicht nicht, vor das Schienbein zu treten, wir wollen Alternativen wissen", entgegnete er der Union. Ohne die geplante und vom Land befürwortete Steuerreform müsste die Ausnahmeregel der Verfassung nicht beansprucht werden. Man nehme 273 Millionen Euro Mindereinnahmen in Kauf, um die rheinland-pfälzischen Steuerzahler mit der Reform um eine Milliarde Euro zu entlasten, so Mertes. Etwas kleinlaut räumte er ein, dass er mit seinem im Sommer gefallenen Ausspruch: "Die Ministerien schwimmen im Geld", über das Ziel hinausgeschossen sei. Seit 2000 wurden nach seinen Angaben die Finanzhilfen um knapp 40 Prozent, Sachausgaben um 13,5 und Personalausgaben um 12,2 Prozent gekürzt.FDP-Fraktionsvorsitzender Werner Kuhn forderte einen drastischen Subventionsabbau und verwies darauf, dass vorsichtshalber zwar die Ausfälle, nicht jedoch die geplanten Gegenfinanzierungen für die Steuerreform im Haushalt eingerechnet worden seien. Alle Finanzhilfen von Bund und Land wollen die Liberalen auf den Prüfstand stellen, auch wenn Rheinland-Pfalz im Vergleich bereits die geringsten Subventionen pro Einwohner verzeichnet. Aus seiner Sicht findet eisernes Sparen jedoch seine Grenze, wenn dadurch nichts mehr bewegt werden kann. Dabei verweist Kuhn auch auf die Unterstützung der Kommunen. Ihnen wurden vom Land bis 2006 feste jährliche Einnahmen von 1,6 Milliarden Euro zugesichert. 2004 wird den Gemeinden ein Darlehen von 149 Millionen Euro eingeräumt.Grünen-Fraktionschefin Ise Thomas warf Finanzminister Mittler vor, als Notverwaltung ohne Perspektive lediglich Tristesse zu verbreiten. Derweil reisten Ministerpräsident Kurt Beck und Wirtschaftsminister Hans-Artur Bauckhage (FDP) mit ungedeckten Schecks für Projekte vom Arp-Museum bis zur B 50 neu durchs Land. Der Glaube, allein Wirtschaftswachstum bringe Erleichterung, wird sich nach ihrer Überzeugung als Trugschluss erweisen. Außerdem vermisse sie jegliche ökologische Innovation. Die Grünen fordern tiefe Einschnitte in einer Gesamthöhe von bis zu 230 Millionen Euro bei den Subventionen im Land. Die Einsparungen bei den Beamten wollen sie für 2004 mittragen, allerdings nur mit sozialer Staffelung.KOMMENTAR SEITE 2

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