Wenn es auf dem Schulhof kracht

TRIER. Sich auszutoben ist für Kinder völlig normal. Dabei kann es auch schon mal Rangeleien und "Kämpfchen" geben. Vor allem, wenn Schulklassen neu formiert werden und eine "Hackordnung" entsteht. Eltern wissen oft nicht, wie sie reagieren sollen, wenn ihr Kind daheim erzählt, es sei auf dem Schulhof geschubst oder "angemacht" worden.

 Gerangel auf dem Schulhof: Erst bei Grenzverletzungen sollten Erwachsene eingreifen.Foto: dpa

Gerangel auf dem Schulhof: Erst bei Grenzverletzungen sollten Erwachsene eingreifen.Foto: dpa

Foto: Stephan Jansen (dpa)

Für Claudia Struck (Name geändert) war das Maß voll. Zum dritten Mal kam ihre Tochter Jennifer nach Hause und berichtete empört, sie sei von ihrem Mitschüler Kevin in der Pause geboxt worden. Am nächsten Morgen ging sie mit Jennifer in die Schule, sprach den Klassenlehrer der 2a an. Um dann zu ihrer großen Überraschung zu erfahren, dass Kevins Mutter schon in aller Frühe angerufen und sich über die "dauernden Ruppigkeiten" von Jennifer gegenüber ihrem Sohn beschwert hatte.

"Kleinere Rangeleien nicht überbewerten"

Für erfahrene Beobachter des Schul-Alltags wie Christa Unterburger-Dietz von der schulpsychologischen Beratungsstelle sind solche Erkenntnisse weniger überraschend. "Handgreiflichkeiten auf dem Schulhof sind was Stinknormales", sagt die Psychologin und empfiehlt, "nur bei Grenzverletzungen einzugreifen". Auch Christoph Jakobi, stellvertretender Leiter einer Bitburger Grundschule, plädiert dafür, kleinere Rangeleien "nicht überzubewerten". Auf dem Schulhof greife man zwar bei körperlichen Auseinandersetzungen grundsätzlich immer ein, aber oft seien es die Kinder selbst, die beteuerten, es sei "doch nur Spaß" gewesen.

Manche Eltern sehen das weniger locker. Jakobi hat sogar schon Erziehungsberechtigte erlebt, die Beobachtungsposten am Rand des Schulhofs bezogen. Was bei den Sprösslingen möglicherweise für zusätzliche Verunsicherung sorgt. Der Pädagoge hält es für sinnvoller, wenn Eltern ihre Kinder dazu motivieren, bei Problemen mit Mitschülern auf den Klassenlehrer zuzugehen und die Schwierigkeiten vor Ort zu bereinigen. "Wir kümmern uns drum", verspricht Jakobi.

Auch Irene Stangl von der "Projektstelle zur Gewaltprävention" beim Konzer Haus der Jugend attestiert zumindest den Grundschulen einen meist umsichtigen Umgang mit Gewalt-Problemen. Dennoch rät Stangl, darauf zu achten, ob die "normalen" Rangeleien nicht drohen, in Mobbing überzugehen.

Das Problem ist die Abgrenzung. "Nicht ganz leicht", sagt auch Expertin Irene Stangl. Mobbingverdacht bestehe, wenn "gezielte persönliche Angriffe über einen längeren Zeitraum" vorlägen. Dabei müsse es aber nicht nur um körperliche Attacken gehen. Dennoch warnt Stangl vor einem "inflationären Gebrauch des Begriffs Mobbing". Hilfreicher sei es, gefährdete Kinder durch gezieltes Training vor einer "Opferrolle" zu bewahren. "Verbales Wehren üben, Abgrenzen lernen, sich auch mal trauen, laut zu werden" - so könnten Eltern Kindern helfen, sich besser selbst zu behaupten.

Auch Christa Unterburger-Dietz hält Selbstbewusstsein für erlernbar. Entsprechende Kurse würden von Jugendzentren und Sozialorganisationen angeboten. Viele Schulen haben den Handlungsbedarf ebenfalls erkannt. In Christoph Jakobis Schule beispielsweise kann man in einer "Streit-AG" "richtig streiten lernen".

Wie haben Sie bei ähnlichen Problemen reagiert? Was raten Sie Eltern, die nicht wissen, ob sie "Ruhe bewahren" oder eingreifen sollen? Behalten Sie Ihre Meinung und Ihr Wissen nicht für sich. Mailen Sie uns unter schulstart@volksfreund.de oder rufen Sie heute, Mittwoch, zwischen 10 und 16 Uhr unter 0651/7199-481 an. Veröffentlichung am Samstag auf der Familienseite.

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