Wenn nichts mehr normal ist

Wenn Sachen geschehen, die einen an den Rand des Verstandes bringen, ist man auf Hilfe angewiesen. Es ist jedoch nicht einfach, die richtige Hilfe zu finden. Durch einen freundlichen Polizisten kam ich zum Kinderschutzdienst.

"Die sind schon gut, die helfen, wenn Sie Hilfe brauchen und auch annehmen wollen." Auch der Weiße Ring wurde mir als Kontaktadresse genannt. Am längsten wurden wir vom Kinderschutzdienst begleitet. Er ist auch heute noch eine Anlaufstelle, wenn wir Fragen wegen "der Sache" haben oder einfach nur so Unterstützung brauchen. Als ich zum Kibu kam, bemerkte ich, dass ich nicht alleine war, und dass es noch viele andere gibt, die das gleiche Problem haben. Nur in der Öffentlichkeit wird nicht darüber gesprochen. Für mich war es lebenswichtig, dass da jemand war, der immer für mich und meine Tochter greifbar war. Das Leben war von einem auf den anderen Tag aus den Fugen geraten. Nichts war mehr "normal". Angst, Verzweiflung, Vorwürfe, Hilflosigkeit standen nun im Raum. Oft war man wütend, hegte Mordgelüste oder Selbstmordgedanken, machte sich Schuldvorwürfe. Vieles, was man sich nicht vorstellen kann, brach über einen herein. Mein Mann wusste nicht mehr, ob er unsere Tochter noch in den Arm nehmen darf. Das wiederum verstand unsere Tochter nicht und stellte sich die Frage: "Hat Papa mich noch lieb?" Egal, welche Probleme es gab, ich konnte jederzeit einen Termin bekommen. Eine Tasse Tee oder Kaffee, Wärme und Geborgenheit, Verständnis und Hilfe waren für mich da. Bei anderen, die sich keine Hilfe holten, sah ich durch "diese Sache" Ehen und Familien auseinander brechen, die betroffenen Kinder auf- oder straffällig werden... Dank unserer guten Kinderschutzdienstbetreuung geht es uns eigentlich ganz prima. Alle sind gesund, haben Arbeit und Hobbys und sind immer noch eine Familie. Wir reden viel miteinander. Das haben wir im Kibu gelernt. Ich habe viele Tränen im Kibu gelassen, aber auch nach Jahren das Lachen wiedergefunden. Denn eigentlich bin ich ein humorvoller Mensch. Christa Ich war froh, dass es den KSD gab. Ich weiß gar nicht, wie meine Familie und ich das allein geschafft hätten. Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Ich weiß nicht, wie es mir heute gehen würde, wenn ich nicht beim KSD gewesen wäre. Ich hätte das alles alleine verarbeiten müssen, aber wie? Der KSD hat mir geholfen, mit der Situation umzugehen. Ich habe gelernt, damit zu leben. Sie haben mein Selbstbewusstsein aufgebaut und gestärkt. Sie haben mir klar gemacht, dass es nicht meine Schuld war, was damals passiert ist. Alle Gefühle hatten hier ihren Platz: Wir haben geschrieen, geweint und gelacht. Manchmal hat der KSD Gruppenangebote gemacht. Da war ich froh, andere Mädchen kennen gelernt zu haben, denen etwas Ähnliches passiert ist. Ich wußte, dass es den anderen auch so ergangen ist, selbst wenn wir nicht drüber gesprochen haben, sondern dann gemeinsam gebastelt, gespielt und Ausflüge gemacht haben. Ich bin immer sehr gerne dort h ingegangen, auch wenn es mir oft weh getan hat, darüber zu sprechen. Melanie

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