"Wer schlägt, muss gehen"

MAINZ. (win) Mehr als 8300 Opfer von Gewalt in einer engen sozialen Beziehung registrierte die Polizei im vergangenen Jahr. Jede dritte Vergewaltigung fällt gar unter diese Rubrik. "Wer schlägt, muss gehen", heißt es nun bei der Polizei.

Von "Familienstreitigkeiten" darf nicht mehr gesprochen werden, wenn zu Hause die Fäuste fliegen. "Was wir antreffen, sind Gewalt und Straftaten", weiß Polizeidirektor Jürgen Schmitt. Mehr als 8300 Opfer von Gewalt in engen sozialen Beziehungen wurden 2003 offiziell bekannt, Kinder und Jugendliche unter 17 Jahren nicht mitgerechnet. Schützen statt nur schlichten, lautet seit Anfang März mit dem neuen Polizeigesetz die Vorgabe für die Ordnungshüter. Täter können zeitlich befristet aus der eigenen Wohnung gewiesen werden. Für Orte wie die Arbeitsstelle der Frau oder die Schule der Kinder darf der Aufenthalt untersagt werden. Auch kann gegen die Gewalttäter ein Kontakt- oder Näherungsverbot verhängt werden. Mit einem neuen Konzept soll unter Einbindung nicht-öffentlicher Stellen den Opfern geholfen und besserer Schutz gewährt werden. "Diese Gewalt ist kein privates Problem und wird nicht toleriert", sagt Innenminister Walter Zuber (SPD). Es müsse das eindeutige Signal gesetzt werden: "Wer schlägt, muss gehen."82 Prozent der Täter sind Männer

Die polizeilichen Zahlen belegen, dass die Gewalt in engen sozialen Beziehungen vor allem häusliche Gewalt ist. Täter sind zu 82 Prozent Männer. Von Frauen gehen in erster Linie Sachbeschädigungen und Beleidigungen aus. In allen Polizei-Inspektionen sorgen nun eigens benannte "Koordinatoren" für mehr Zusammenarbeit mit Gerichten, Hilfsorganisationen oder Frauenhäusern. Im Bereich von zwei der landesweit fünf Polizeipräsidien sind Interventionsstellen eingerichtet, die von der Polizei informiert werden und Anlaufpunkte für die Betroffenen sind. Zwei weitere sollen in diesem Jahr folgen. Noch offen ist, für welche Regionen. Von schneller Hilfe in Krisensituationen bis zum Erstellen eines Sicherheitsplanes oder rechtlicher Information reicht das Angebot. Weil die Interventionsstelle von sich aus den Kontakt sucht, werden laut Michaele Gabel von der Anlaufstelle in Mainz jetzt erheblich mehr Frauen erreicht. Auch wenn den Gewaltopfern mit den neuen Schutzmöglichkeiten eine "Flucht" aus den heimischen vier Wänden erspart bleibt, werden Frauenhäuser nach Überzeugung von Simone Walka vom Frauenhaus Bad Dürkheim künftig keineswegs überflüssig. Extreme Gefährdungslagen oder eine Traumatisierung verlangten weiterhin permanente Hilfe.

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