Wie attraktiv ist die Region Trier?

Dass sich mit dem "Wirtschaftsfaktor Kultur" gutes Geld für die Region verdienen lässt, ist inzwischen sogar wissenschaftlich erwiesen. Aber welche Rolle spielen Theater, Museen, Konzerte, Festivals oder Freizeit-Angebote für die Lebensqualität der Menschen, den berühmten "weichen Standortfaktor"? Eine Uni-Studie will es herausfinden.

 Welche Rolle Konzerte, Theater oder Festivals für die Beliebtheit der Region spielen, untersucht nun eine Studie der Uni Trier. TV-Foto: Archiv/Roland Morgen

Welche Rolle Konzerte, Theater oder Festivals für die Beliebtheit der Region spielen, untersucht nun eine Studie der Uni Trier. TV-Foto: Archiv/Roland Morgen

Trier. Der Luxemburgische Wirtschaftsminister Jeannot Krecké pflegt gerne die Geschichte zu erzählen, wie eines Tages ein amerikanisches Unternehmen bei ihm anklopfte auf der Suche nach einem neuen Standort in Europa - mit 300 hoch dotierten Arbeitsplätzen für qualifiziertes Personal. Ein Bauplatz war schnell gefunden, die Amerikaner verabschiedeten sich zufrieden, allerdings nicht ohne anzukündigen, in den nächsten Tagen reise eine Sonder-Delegation an, bestehend aus den Ehefrauen der Vorständler. Die würden erst einmal prüfen, ob die Lebensqualität und das Kulturangebot in Luxemburg und Umgebung eine Ansiedlung zuließen. Wie die Sache ausging, verrät der Minister nie. Aber seine Erfahrung passt zu der häufig geäußerten Vermutung, dass vor allem hoch qualifizierte Arbeitnehmer, Führungskräfte und Entscheider nur da hingehen, wo auch das Umfeld stimmt. Experten nennen das einen "weichen Standortfaktor", der sich freilich im wachsenden Wettbewerb der Regionen um qualifizierte Jobs und attraktive Ansiedlungen schnell als harter Nachteil erweisen kann - wenn man nichts zu bieten hat. Geht es nach Tanja Brichacek und Judith Kositza, dann ist man in der Region Trier bald nicht mehr auf Vermutungen angewiesen. Sie gehören zu einer 20-köpfigen Gruppe von Nachwuchs-Geographen an der Uni Trier, die im Rahmen eines Forschungspraktikums den "weichen Standortfaktor Kultur" wissenschaftlich untersucht. Die "Initiative Region Trier" (IRT) unterstützt das Projekt, das von Roman Wiedemann geleitet wird. Wachsender Wettbewerb um Fachkräfte

Wiedemann macht keinen Hehl daraus, dass der Fachkräftemangel in der Region und der der starke Standortwettbewerb den Hintergrund für die Studie bilden. Man will herausfinden, wie wichtig Arbeitnehmern das Kulturangebot und die damit verbundene Lebensqualität sind, wenn sie sich für die Region entscheiden, in der sie arbeiten und leben wollen. "Wir haben den Kulturbegriff bewusst weit gefasst", sagt der diplomierte Fremdenverkehrsgeograf. Neben "klassischer" Kultur wird auch nach gehobener Freizeitgestaltung wie Restaurantbesuchen oder Sportveranstaltungen gefragt. Mehr als 600 größere Unternehmen in der Region werden in diesen Tagen angeschrieben, mit der Bitte, einen vierseitigen Fragebogen an ihre Mitarbeiter weiterzuleiten. Besonders im Fokus sind dabei "Zugereiste", die das Image der Region von außen kennen und mit der Realität vergleichen können. Der Bekanntheitsgrad und die Wichtigkeit von Kultur-Events werden dabei ebenso abgefragt wie mögliche "Mängel".Auch Luxemburger Unternehmen und ihre Mitarbeiter sind in die Befragung eingebunden. Zum Glück kommt eine der Studentinnen in der Forschungsgruppe selbst aus Luxemburg und konnte den Fragebogen problemlos ins Französische übersetzen. Dank der Mithilfe von der IRT, Industrie- und Handelskammer und dem Kreis Junger Unternehmer gehören auch junge Existenzgründer mit zum Kreis der Befragten. Judith Kositza hofft, dass die Personalabteilungen der Firmen für einen kräftigen Rücklauf sorgen - "schon aus Eigeninteresse". Je mehr antworten, um so klarer wird die wissenschaftliche Aussagekraft der Ergebnisse. Für die Studenten hat die Sache aber auch einen Haken: Weil sie alles selbst auswerten, wird jede Menge zusätzliche Arbeit auf sie zukommen, falls die erwartete Rücklauf-Quote übertroffen wird. Auf das Ergebnis, das bis Juni vorliegen soll, sind die Studenten selbst gespannt, nicht zuletzt aus eigener Betroffenheit: Die meisten von ihnen sind selbst, wie Tanja Brichacek, zugewanderte Trierer.

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