Wie der Nachbar tickt

"Im Ländchen ist alles anders". Mit diesem geflügelten Wort pflegte man sich hierzulande die Eigenarten der Luxemburgischen Nachbarn und ihres Staatswesens zu erklären. Dank eines neuen Buches kann man nun auf präzisere Erkenntnisse zurückgreifen.

Trier/Luxemburg. (DiL) Eine "Einführung in das politische System Luxemburgs" verspricht das 382-Seiten-Werk, das der Trierer Politikwissenschaftler Wolfgang H. Lorig und sein Luxemburger Kollege Mario Hirsch herausgegeben haben. Der Titel ist eher untertrieben: Die 22 Autoren analysieren nicht nur die Luxemburger Politik, sondern unternehmen auch Ausflüge in Wirtschaft und Gesellschaft. Anschaulich wird die Geschichte des Landes erzählt, das Entstehen einer "außerordentlich stabilen Demokratie", die Formierung einer "relativ konfliktarmen Gesellschaft". Wie diese "Konsensfabrik Luxemburg" (Jean-Claude Juncker) über ein komplexes System gesteuert wird, ergibt sich aus den einzelnen Kapiteln des Buches. Eine Art "konzertierter Aktion", genannt "Tripartite", vereinigt Staat, Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die Medien hält man mit Subventionen bei der Stange, der aufsteigefreundliche öffentliche Dienst schafft stabilisierendes Beharrungsvermögen, die Bürgermeister werden eh gleich vom Großherzog ernannt. Spannend wird es, wenn die Dreisprachigkeit des Landes untersucht wird, die es amtlich übrigens erst seit 1984 gibt. Lohnenswert auch die soziologischen Erkenntnisse über ein Einwanderungsland, bei dem nur gut die Hälfte der Einwohner auch Staatsbürger sind. Und aufschlussreich ist die detaillierte Analyse der Parteienlandschaft.Die Abschlusskapitel widmen sich der Rolle Luxemburgs in der Großregion - das Plädoyer der Autoren für eine "vernünftige Begrenzung des Saar-Lor-Lux-Aktionsraums" dürfte im Trierer Land mit Interesse gelesen werden. Das Buch versucht einen Spagat zwischen populärer Informationsvermittlung und wissenschaftlicher Analyse. Deshalb sind die Artikel unterschiedlich leserfreundlich. Für die meisten Artikel braucht man tröstlicherweise kein Politikstudium. Und wer was lernen will über den großen kleinen Nachbarn, kommt an diesem Buch nicht vorbei. Wolfgang H. Lorig/Mario Hirsch: "Das politische System Luxemburgs. Eine Einführung", VS-Verlag Wiesbaden.

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