Wie ein explodierender Tankwagen

Lebach . Ein Erdbeben der Stärke 3,5 hat in der Nacht zum Mittwoch die saarländische Stadt Lebach erschüttert. Es sei das bislang stärkste Erdbeben in Lebach gewesen, sagte ein Sprecher der Bergbaustadt.

"Als ob ein Tankwagen vor der Tür explodiert wäre", beschrieb Dieter Heim die Erschütterung und vollführte mit seitlich oben strebenden Fäusten die Flugrichtung mutmaßlicher Trümmer nach. Bisher, so verdeutlichte der Lebacher FDP-Chef gegen Mitternacht am Nordschacht der Grube Ensdorf, seien die Erdbeben wie eine Welle von hier nach da unter den Häusern durchgegangen. Schlimm genug, aber nun habe man den Eindruck gehabt, ein Spielball mitten im Geschehen zu sein. Heim war nicht der einzige auf der Suche nach Worten und Vergleichen für das Erdbeben, das am Dienstag um 22.26 Uhr die Menschen im Großraum Lebach und weit darüber hinaus durchrüttelte. Und ihre Häuser. Selbst abgebrühte Naturen zeigten sich schockiert und sprachlos. In der Landesaufnahmestelle Lebach rannten nach Polizeiangaben 60 Asylbewerber aus ihren Häusern und waren erst zur Rückkehr in die Unterkünfte bereit, als man ihnen zusicherte, sie bräuchten nicht um ihr Leben zu bangen. Wie immer nach solchen "bergbaubedingten Erschütterungen" in den letzten Monaten fanden sich Bürger aus Lebach, Saarwellingen, Nalbach, Eppelborn und Heusweiler am Lebacher Rathaus ein. Dass es eine viertel Stunde nach dem Beben bereits drei Dutzend waren und eine Stunde später etwa hundert, verdeutlichte das Ausmaß des Erdbebens und damit auch des Unmutes. Die Menschen berichteten gefasst von herausgesprungenen Schubladen, herabgestürzten Bildern, von verwirrten Haustieren und auch krank gewordenen Familienmitgliedern, die "emotional am Anschlag" und nicht mehr fähig seien, mit auf die Straße zu gehen. Die gekommen waren, hatten teilweise noch die Couch-Schlappen an. Vom Tresen der Lebacher Polizeiwache bis in die Fußgängerzone reihte sich die Schlange von Personen, die sich in eine Liste der Geschädigten eintrugen und teilweise auch ankündigten, Strafanzeige zu erstatten. Aus der Menge heraus entwickelte sich der Beschluss, die acht Kilometer hoch zum Nordschacht der Grube Ensdorf zu fahren, um dort eine Mahnwache abzuhalten. Bisher waren die Menschen in Autokonvois zum Privathaus von Ministerpräsident Peter Müller im nahen Eppelborn gefahren, zuletzt auch zweimal zum Anwesen des Bergwerksdirektors Gerhard Bronder in Riegelsberg. Der Autozug verstoppte rasch wie ein Pfropf die Zufahrt zum Grubengelände. Raus und rein ging es zwischen 23.30 und 1.10 Uhr nur zu Fuß. Aus den Kofferräumen ihrer Autos zogen die Demonstranten ein Fass zum demonstrativen Feuer sowie für jeden eine Pechfackel. Man stand nur da zum Zeichen des Protestes, guckte, politisierte und schimpfte, mit dem Bergbau müsse endlich Schluss sein. Die Polizei ging auf den bei solchen Anlässen bewährten Kurs der Beruhigung.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort