"Wir bleiben ein elektronisches Lagerfeuer"

Wenn es darum geht, den Qualitätsjournalismus zu verteidigen, sitzen öffentlich-rechtlicher Rundfunk und Zeitungsverleger in einem Boot, meint SWR-Intendant Peter Boudgoust. Beide Seiten sollten kooperieren, statt sich zu bekämpfen, sagte der designierte ARD-Vorsitzende im TV-Redaktionsgespräch.

Trier. "Der fröhliche Weinberg", "Kaffee oder Tee" oder "Was die Großmutter noch wusste" - so oder ähnlich heißen die Sendungen, die beinahe täglich im dritten Programm des Südwestrundfunks (SWR) zu sehen sind. Sie haben ihr Publikum, das ist nicht das Problem, eher schon der Altersdurchschnitt der Zuschauer. Der dürfte beim SWR wie auch bei anderen dritten Programmen bei den meisten Sendungen jenseits der 50 Jahre liegen.

Wie schaffen wir es, jüngere Menschen anzusprechen, ohne die älteren zu vergraulen? - das ist eine der Fragen, die Peter Boudgoust umtreibt. Der 53-jährige Jurist ist seit zwei Jahren Intendant des Südwestrundfunks und damit Chef der 1998 aus der Fusion von SWF und SDR entstandenen zweitgrößten Rundfunkanstalt Deutschlands. Vom 1. Januar an übernimmt Boudgoust vom Saarländer Fritz Raff zusätzlich für mindestens ein Jahr auch noch den ARD-Vorsitz.

Viel Koordinationsarbeit kommt dann auf Boudgoust zu - und auch der Job, die Öffentlich-Rechtlichen fit zu machen für die Zukunft. Dabei führe am Internet kein Weg vorbei, meint der SWR-Intendant. "Über Fernsehen oder Rundfunk erreichen Sie doch viele junge Leute gar nicht mehr", sagt Boudgoust. Die heutige Generation habe ein völlig anderes Medienverhalten als frühere Generationen. "Die wollen die Angebote mobil und zeitlich unabhängig über Computer oder Handy abrufen."

Das Problem aus Sicht der Öffentlich-Rechtlichen: Privatsender und Verleger fordern einen möglichst bescheidenen Internet-Auftritt der gebührenfinanzierten Sender ARD und ZDF. "Dabei sitzen die Zeitungsverleger und wir doch in einem Boot", sagt Boudgoust und ergänzt: "Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, Qualitätsjournalismus zu machen und diesen zu verbreiten." Statt sich anzufeinden, sollten beide Seiten daher miteinander kooperieren und zusammenarbeiten, fordert der SWR-Intendant.

Trotz zunehmender Popularität des Mediums Internet: Peter Boudgoust will auch Fernsehen und Rundfunk für Jugendliche attraktiv machen. "Wir bräuchten für die Zielgruppe zwischen Kinderkanal und den übrigen ARD-Angeboten einen eigenen Jugendkanal", sagt er. Aber bei der Frage, welchen öffentlich-rechtlichen Sender man denn dafür opfern könne, verteidigt Boudgoust die bestehenden.

Dafür weiß der Intendant, wie das öffentlich-rechtliche Fernsehen wohl im Jahr 2015 aussehen wird: "Wir bleiben ein Vollprogramm für die gesamte Gesellschaft, ein elektronisches Lagerfeuer."

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