"Wir wollen, dass der Ring sich rechnet"

Keinen Grund zur Panik sieht der neue rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl (SPD) sowohl in Sachen Nürburgring als auch für Rentner, die sich wegen möglicher Steuernachforderungen sorgen. Das macht Kühl in einem Interview mit unserer Zeitung deutlich.

Mainz. (ren) Seit einem Monat ist Finanzminister Carsten Kühl im Amt. Mit ihm sprach unsere Mitarbeiterin Claudia Renner.

Ihre Berufung ins Kabinett kam plötzlich. Wie lange haben Sie überlegt, bevor Sie Ja sagten?

Kühl: In der Krisensituation hatte ich nicht viel Zeit. Die Nachfolgeentscheidung musste rasch getroffen werden. Die Entscheidung fiel binnen Stunden.

Ganz ehrlich: Wie froh sind Sie, dass Sie nicht mehr im Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH sitzen?

Kühl: Ich finde es richtig, dass bei der Neubesetzung des Aufsichtsrats ein klarer Schnitt gemacht wurde und jetzt keine Mitglieder der Landesregierung mehr drin sind. Ich bin nicht vor der Verantwortung geflüchtet.

Teilen Sie den Optimismus des Ministerpräsidenten, dass der neue "Nürburgring 2009" den Steuerzahler keinen Cent kosten werde?

Kühl: Der "Nürburgring 2009" war von Anfang an ein strukturpolitisches Projekt. Ob sich das rechnet, zeigt sich zum einen in der betriebswirtschaftlichen Rentabilität und zum zweiten darin, dass Arbeitsplätze geschaffen werden, Betriebe sich ansiedeln und Steuern zurückfließen. Mit gezielter Strukturpolitik wollen wir erreichen, dass der Ring sich volks- und gesamtwirtschaftlich rechnet.

Falls aber rote Zahlen drohen, kann sich das Land als Hauptgesellschafter der Ring GmbH nicht heraushalten. Oder?

Kühl: Sollten die Dinge - aus welchen Gründen auch immer - nicht so laufen wie erwartet, dann wird das Land als Gesellschafter sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Zunächst ist aber die Nürburgring GmbH gefordert.

Die Finanzbehörden verschicken ab Herbst blaue Briefe an Rentner. Die Renten müssen schon seit 2005 versteuert werden, trotzdem kommt jetzt die große Angst vor hohen Nachzahlungen. Was hat die Politik falsch gemacht?

Kühl: Die Reform war erforderlich, weil die frühere Ertragsanteilsbesteuerung verfassungsrechtlich nicht mehr haltbar war. Die Veränderung kam aber sehr moderat und mit sehr langen Anpassungsfristen, um die Betroffenen nicht zu überfordern. Die Briefe an die Rentner werden entgegen aller Aufregung auch erst Mitte kommenden Jahres verschickt.

Aber was hat die Politik versäumt, wenn jetzt erneut ein Aufschrei durchs Land geht?

Kühl: In Rheinland-Pfalz haben die Finanzämter von Anfang an umfassend informiert. Das war gut so, und wir sehen momentan etwa anhand der Anrufe bei der Info-Hotline der Oberfinanzdirektion, dass wir weiter kontinuierlich informieren müssen. Die Frage, die sich aktuell stellt, ist: Haben alle, die Steuern hätten bezahlen müssen, auch bezahlt? Das Thema bewegt die Menschen, und manche sagen auch: Ich will, dass das überprüft wird, denn ich habe immer alles vollständig angegeben, das sollen andere auch tun. Die Finanzämter prüfen nun. Sie gehen dabei äußerst sensibel vor. Wir rechnen damit, dass die meisten Rentner nichts nachzahlen müssen, und nicht nur das: Es wird wohl auch in großem Umfang zu Erstattungen kommen. Es gibt also keinen Grund zur Panikmache.

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