"Wir wollten nur Ruhe"

BOLLENDORF. In der Sauer-Gemeinde Bollendorf brodelt es: Ein Bürger hat rund 250 Autofahrer angezeigt, die durch den Anliegerweg vor seinem Haus gefahren sind.

Seit Monaten ist die Hauptverkehrsstraße durch Bollendorf (Kreis Bitburg-Prüm) wegen Bauarbeiten gesperrt (der TV berichtete). Da viele Autofahrer die zehn Kilometer lange Umleitungsstrecke über Kruchten und Wallendorf nicht in Kauf nehmen wollen, benutzen sie einen Anliegerweg in Bollendorf, der parallel zu dem abgesperrten Straßenstück verläuft. Gestört fühlen sich dadurch die Bollendorfer, die an diesem Anliegerweg wohnen. Einer von ihnen hat deshalb die Nummernschilder vorbei fahrender Autos notiert und der Polizei zugefaxt. "Ein Polizist hatte uns mitgeteilt, dass sie nicht ständig jemanden abstellen könnten. Daher sollten wir - weil wir uns durch den Verkehr und den Lärm gestört fühlen - die Kennzeichen notieren und der Polizei zufaxen", sagt die Ehefrau des Mannes. Diese Kennzeichen machte die Polizei zur Grundlage von Anzeigen. Davon betroffen sind nicht nur Bollendorfer Bürger, sondern auch Autofahrer aus den Nachbarorten, die von Nusbaum in Richtung Echternach fahren. Während vorher eine Hand voll Autos den Anliegerweg täglich benutzt habe, seien es derzeit ein paar hundert Fahrzeuge, die pro Tag an ihrem Haus vorbei führen, sagt die Frau. "Die Enkelkinder können wir im Moment nicht mehr unbeaufsichtigt auf die Straße lassen." Ihr Ziel, durch das Aufgeben der Anzeigen Ruhe zu bekommen, hat die Familie jedoch nicht erreicht. Im Gegenteil: "Von anderen Bürgern werden wir beschimpft. Wir bekommen Drohanrufe: Leute behaupten, sie wollten unsere ‚Bude abfackeln‘ oder ,den Köter umbringen‘", sagt die Frau . "Dass das ganze solch ein Ausmaß annimmt, hätten wir vorher nie gedacht. Wir wollten nur Ruhe." Zur Zeit liegen die Anzeigen bei der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm. "Bis jetzt sind etwa 250 Anzeigen eingegangen. Ein Teil ist wohl noch unterwegs", sagt Gisela Mayer-Schlöder, die zuständige Geschäftsbereichsleiterin. "Das ist ein automatisiertes Verfahren. Die angezeigten Autofahrer bekommen nun die Möglichkeit, sich zu äußern." Die 15 Euro Verwarnungsgeld müssen dann nicht zwingend bezahlt werden: "Wenn der Fahrzeughalter nachweisen kann, dass er nicht selbst gefahren ist, wird das Verfahren eingestellt", sagt Mayer-Schlöder."Hilfspolizist" zeigt keine weiteren Fahrer an

Zurücknehmen kann man die Anzeigen jedoch nicht mehr. "Die Anzeigen entwickeln eine Eigendynamik. Wenn sie erstmal bei uns im Haus sind, sind wir verpflichtet, weiter zu ermitteln", sagt Mayer-Schlöder. Der "Hilfspolizist" aus Bollendorf hat indes angekündigt, keine weiteren Autofahrer mehr anzuzeigen. Zum Ende der Ferien wird die Sperrung der Hauptstraße wieder aufgehoben.

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