Zug, zügig, Zorn erregend

TRIER. Fahrgäste der Deutschen Bahn sehen ihre Züge in letzter Zeit oft nur noch von hinten: Im Regionalverkehr warten Anschlusszüge nicht mehr länger als drei Minuten auf Zubringer. So will die Bahn verhindern, dass sich Verspätungen immer weiter fortsetzen. Nicht alle Kunden sind begeistert.

Was ist ärgerlicher: Wenn der ursprünglich pünktliche Zug sich eine Verspätung einhandelt, weil er auf einen anderen warten muss - oder wenn man aus einem verspäteten Zug aussteigt, und der Anschluss ist weg? "Es gibt nur diese zwei Möglichkeiten", sagt Oliver Gutheil. Der Bahn-Sprecher verteidigt den Weg, den sein Unternehmen nun gewählt hat: Züge im Regionalverkehr warten nur noch drei Minuten auf Zubringer; wer mehr Verspätung hat, sieht allenfalls noch die Rücklichter seines Anschlusses. Man habe sich zu diesem Schritt entschlossen, weil man nicht länger eine Mehrheit der Fahrgäste auf wenige Umsteiger warten lassen wolle. So durchbreche man außerdem den Mechanismus, dass sich Verspätungen im Laufe des Tages hochschaukelten. Fast überall in Rheinland-Pfalz verkehrten Züge im Stunden-Takt - niemand stehe also ewig am Bahnhof, bis der nächste Zug komme, argumentiert Gutheil und verweist auf eine Ausnahmeregelung: Der letzte Zug am Tag wartet länger. Für Hartmut Buyken vom Bundesverband der Fahrgastvereinigung Pro Bahn ist der neue Kurs ein "völlig falscher Weg. Statt mit solchen Tricks zu arbeiten, sollte man die Ursachen von Verspätungen bekämpfen." Wie? Durch größere Pufferzeiten in den Fahrplänen zum Beispiel, schlägt Buyken vor, oder indem man die Züge besser instand halte. Auch Ulrich Vogel, Pro-Bahn-Sprecher in Rheinland-Pfalz, spricht von einem "Versuch, Defizite, die die Bahn selbst hat, auf die Kunden abzuwälzen". In Ballungsgebieten, in denen Züge in einem kurzen Takt verkehrten, mache die Anordnung Sinn - wo aber nur alle zwei Stunden ein Zug komme, erwarte er "dramatische Auswirkungen".Bahn fühlt sich durch Zahlen bestätigt

Wer als Gelegenheitsfahrer eine solche Erfahrung mache, steige nie wieder in eine Bahn. Der Konzern gehe nach der "Holzhammer-Methode" vor, schimpft Vogel und verlangt, Mitarbeitern vor Ort Entscheidungsspielraum zu geben, wann und wie lange Züge warten sollten. Ein ähnlicher Vorstoß der DB Regio Südwest, wonach Züge überhaupt nicht mehr auf Anschlusszüge warten sollten, war im vergangenen Jahr nach heftigen Protesten von Bahnkunden und Politikern im Sande verlaufen. Danach sieht es diesmal nicht aus. Die Bahn fühlt sich durch erste Zahlen nach Einführung der neuen Regelung bestätigt: In Rheinland-Pfalz seien inzwischen 95 Prozent aller Züge pünktlich, sagt Bahnsprecher Gutheil. "Das ist doch für alle Fahrgäste vorteilhafter!"

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