Armut: Energieanteil an der staatlichen Beihilfe ist knapp bemessen - Wie Stromkosten gespart werden können

Trier · Über eine hohe Stromrechnung ärgert sich jeder. Für Menschen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, kann ein hoher Energieverbrauch aber drastische Folgen haben. Bei Marina Emmerich ist es gerade noch einmal gut gegangen - dank Stromspar-Check.

 Ein eingespieltes Team: Dank Stromsparhelfer Axel Wagner hat Marina Emmerich ihre Energiekosten in den Griff bekommen. Foto: Caritas

Ein eingespieltes Team: Dank Stromsparhelfer Axel Wagner hat Marina Emmerich ihre Energiekosten in den Griff bekommen. Foto: Caritas

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Trier. Marina Emmerich und ihr siebenjähriger Sohn kommen finanziell ganz gut zurecht. "Es war eigentlich alles in Ordnung", sagt die 28-jährige Alleinerziehende, "nur bei den Stromkosten bin ich einfach nicht mehr hinterhergekommen." Als dann vor einigen Wochen das Licht ausging, glaubte sie an einen technischen Defekt. Im Nachbarhaus, geklemmt hinter dem Stromzähler für ihre Wohnung, fand sie schließlich die Mahnung ihres Stromversorgers. Die letzte Frist zur Begleichung der 500 Euro Schulden war verstrichen.
Bis die junge Frau wieder Energie für ihre Zweizimmerwohnung hatte, waren viele Gespräche und Schriftverkehr nötig. Im Nachbarhaus ist nun ein Chipkartenzähler eingebaut, der nur gegen jeweils 50 Euro Vorkasse Strom fließen lässt. 14 Euro davon zieht das Gerät jeweils für die Begleichung der Schulden ein.Gesichter der Armut

Für Julia Bennewitz-Heit, Fachanleiterin des Stromspar-Checks beim Caritasverband Trier, ist die Situation von Marina Emmerich ein typisches Beispiel für das, was sie Energiearmut nennt. "Der für Stromkosten vorgesehene Anteil beim Arbeitslosengeld II reicht einfach nicht aus. Wenn einmal im Jahr die Stromrechnung kommt, ist der Schreck bei den Leuten groß. Dann sparen die Leute an Kleidung und Essen, um bezahlen zu können. Das betrifft auch viele Rentner."
Bundesweit an 190 Standorten bietet der Caritasverband deshalb den Stromspar-Check an. Speziell ausgebildete Langzeitarbeitslose nehmen dabei als Stromsparhelfer Haushalte von Geringverdienern unter die Lupe und machen sich auf Suche nach Energiefressern. Bundesweit konnte bislang 500 000 Menschen in 170 000 Hauhalten geholfen werden.

In Trier haben im ersten Jahr dieses gemeinsam mit der Verbraucherberatung organisierten Angebots 160 Haushalte profitiert. "In der Regel können zwischen 100 und 180 Euro eingespart werden", sagt Bennewitz-Heit. Bei Marina Emmerich wird der durch energiebewusstes Verhalten und Umrüstung verringerte Strombedarf sogar deutlich mehr als 200 Euro ausmachen. Das belegt die Zwischenauswertung von Stromsparhelfer Axel Wagner. Für den von der Energieagentur ausgebildeten Kostendetektiv ist die Suche nach Einsparmöglichkeiten zur Passion geworden. "Alleine der Austausch einer Glühbirne durch eine Sechs-Watt-LED bringt im Jahr 18 Euro Ersparnis", rechnet der gelernte Informationsnetzelektroniker vor. Seinen bisherigen Einsparrekord verbucht er für einen Sechs-Personen-Haushalt. "Ohne große Verhaltensänderungen werden dort 960 Euro weniger Stromkosten fällig."

Auch Marina Emmerich ist von der Hilfe begeistert und tut alles, um von den hohen Stromkosten herunterzukommen. Sie habe wieder Perspektiven, auch wegen einer Anstellung als Verkäuferin. "Dank der Hilfe der Urgroßeltern meines Sohnes kann ich bald drei Tage in der Woche arbeiten."
Über solche Erfolge freut sich auch Monika Hecken, die bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz in Trier das Projekt Energiekostenberatung (Telefon 0800/6075700) betreut. "Viele Leute kommen zu uns wegen ihrer hohen Stromkosten. Daraus ist die Idee für eine spezielle Beratung entstanden. In Trier sind wir sehr froh über die Kooperation mit dem Stromspar-Check der Caritas." Freitags bietet die Verbraucherzentrale auch ein Beratungsangebot in Prüm. Weitere Außenstellen in Bitburg und Wittlich sind im Gespräch. Die Verbraucherzentrale übernimmt in der Regel den Kontakt zu den Energieversorgern, um individuelle Vereinbarungen zu treffen.
Vom Doppeleffekt des Projekts Stromspar-Checks berichtet Helmut Steinmetz vom Verein Lokale Agenda 21. Er war bereits 2010 dabei, als beim regionalen Klimagipfel das Thema Energie und Armut erstmals einen größeren Raum einnahm. "Die Stromsparhelfer sind Langzeitarbeitslose, die selbst die Situation kennen, mit wenig Geld auskommen zu müssen. Die blühen bei dieser Aufgabe richtig auf."

Weitere Artikel finden Sie in unserem Dossier unter www.volksfreund.de/armut
Extra

Das Thema Armut steht heute ab 18 Uhr im Mittelpunkt einer Podiumsdiskussion. Veranstalter ist das regionale Aktionsbündnis Aktiv gegen Armut. Im großen Saal der Volkshochschule Trier, Domfreihof, diskutieren: Sozialdezernentin Angelika Birk (Trier), Joachim Christmann (Leiter Geschäftsbereich II der Kreisverwaltung Trier-Saarburg), Professor Rüdiger Jacob (Professur für Empirische Sozialforschung an der Uni Trier), Bruder Elias Brück (Barmherzige Brüder), Angelika Winter (Frauenbeauftragte der Stadt Trier) und Linda Rennings (Heimatlos in Köln - Hilfe für Obdachlose). Der Eintritt ist frei. red

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