Neue Landesmutter Malu Dreyer: Lächeln als Lebensphilosophie

Mainz (dpa/lrs) · Von Kurt Beck zu Malu Dreyer: Die neue Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz hat Rot-Grün geschlossen hinter sich bei der Wahl. Das Verhältnis zur CDU will sie verbessern: Mehr Miteinander.

 Sitzung im rheinland-pfälzischen Landtag mit Wahl und Vereidigung der neuen Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Foto: Friedemann Vetter

Sitzung im rheinland-pfälzischen Landtag mit Wahl und Vereidigung der neuen Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Foto: Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter

Malu Dreyer strahlt. Sie ist gerade Deutschlands derzeit vierte Ministerpräsidentin geworden und hat in Rheinland-Pfalz den Stab von Kurt Beck übernommen. „Das ist ein sehr bewegender Moment für mich persönlich“, sagt die 51-Jährige in einer Rede.

Ihr erster Gratulant nach der Wahl - mit roter Rose - ist Ehemann Klaus Jensen, Triers Stadtoberhaupt. Die Abgeordneten klatschen minutenlang. Beck ist zufrieden. Der Politprofi ist nun als Regierungschef Geschichte. Er hat in Rheinland-Pfalz länger regiert als Helmut Kohl Kanzler war: über 18 Jahre.

Der Mainzer Bischof Kardinal Karl Lehmann sieht eine Chance darin, dass nun eine Frau an Rhein und Mosel regiert. „Sie ist eine unverwechselbare Person und bringt gewiss neben ihren Erfahrungen auch ein hohes frauliches Einfühlungsvermögen mit, das der Politik gut tut“, sagt er. Dass sie Multiple Sklerose (MS) hat - eine entzündliche Erkrankung des Nervensystems - und manchmal im Rollstuhl sitzt, soll keine Rolle spielen, findet sie und nennt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dabei als Vorbild.

Mit Dreyer geht eine Frau an den Start, die beliebt ist im Land und scheinbar stets lächelt. Das soll nicht täuschen: Sie weiß, was sie will. Dem hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU) sagte Dreyer vor ihrer Wahl ganz direkt, es gehe Hessen gar nichts an, was Rheinland-Pfalz mit dem Geld aus dem Länderfinanzausgleich macht. Bouffier hatte kritisiert, dass das reichere Hessen kostenlose Kita-Plätze mitzahlt. Prompt widerspricht Bouffier ihr. Er kenne sie schon länger, aber was den Länderfinanzausgleich betreffe, „da liegt sie natürlich völlig schief“.

Ungeachtet des kleinen Nachbarzwistes: Wie Beck kann die Pfälzerin gut auf Menschen zugehen. Sie setzt ihre Art gewinnbringend ein. Dreyer ist aber nicht so belastet wie er, was die Dauerbaustelle Nürburgring angeht - auch wenn sie stets mit am Kabinettstisch saß. Sie hat keine politische Kursänderung vor, will aber einen anderen Stil pflegen als ihr Vorgänger. Mehr Miteinander heißt ihre Devise, vor allem mit CDU-Landeschefin Julia Klöckner.

Deren CDU liegt der jüngsten „Rheinpfalz“-Umfrage zufolge mit 40 Prozent inzwischen ganze fünf Punkte vor der SPD. Allerdings ist Dreyer beliebter als Klöckner. Das Verhältnis zwischen Beck und Klöckner war zuletzt schwierig. Das will Dreyer aufbrechen, von Frau zu Frau gewissermaßen. „Ich will Sie einladen, dass wir vor allem miteinander reden“, sagt sie im Landtag in ihrer ersten Rede als Regierungschefin an alle Abgeordneten.

Die CDU mag es nun möglicherweise schwerer haben als bisher. Klöckner hat weniger Angriffsfläche als im politischen Kampf mit Beck. Sie erwartet von Dreyer einen respektvollen Umgang mit der Opposition. Die CDU würdigte Becks Leistungen zwar, indem die Abgeordneten nach seinem Abschied im Parlament aufstanden - aber nur kurz. Klöckner weist außerdem darauf hin, dass Beck seiner Nachfolgerin kein bestelltes Feld überlasse.

In der Tat: Einige Steine liegen im Weg. Beim Nürburgring will Dreyer mit den Sanierern ein Zukunftskonzept erarbeiten. Das Mammutprojekt in der Eifel kostete rund 330 Millionen Euro - auch die Steuerzahler mussten im vergangenen Jahr ran, um nach der Insolvenz des Nürburgrings einen Kredit zu decken. Die EU-Kommission prüft, ob rund eine halbe Milliarde Euro Beihilfen zu Recht gezahlt wurden. Ein Sorgenkind ist auch der Flughafen Hahn im Hunsrück, der rote Zahlen schreibt. Über allem steht der Sparkurs angesichts vieler Schulden. Doch Dreyer wäre nicht sie selbst, wenn sie nicht lächelt und nach vorne blickt. Es dauere zwar sicher noch, bis sie innerlich richtig im neuen Amt angekommen sei. Aber: „Schön ist es!“

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