Das vernetzte Dorf

Trier/Mainz · Das Land will die Digitalisierung voranbringen. Dabei spielt nicht nur der Ausbau schneller Internetverbindungen wie in der Eifel eine Rolle. Mit speziellen Plattformen soll auch das Dorfleben digital werden.

"Die Digitalisierung ist ein sehr großes Thema für unser Land." Das sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) Ende Juni vergangenen Jahres nach der ersten Sitzung ihres damals noch bundesweit ersten Digitalkabinetts. Mittlerweile gibt es unter anderem auch Sachsen-Anhalt ein solches Kabinett. Wie in Rheinland-Pfalz beraten alle neun Landesminister und die Ministerpräsidentin dabei über den Ausbau des Internets und eine Verbesserung der sogenannten digitalen Infrastruktur, also wie etwa Behörden besser vernetzt werden können.

Drei Mal hat das rheinland-pfälzische Digitalisierungskabinett seitdem getagt. Als wichtigstes Ergebnis nennt Regierungssprecherin Andrea Bähner Digitalstrategie unter dem Namen "Rheinland-Pfalz digital. Wir vernetzen Land und Leute." In dieser Digitialstrategie werden schon laufende oder vorher beschlossene Projekte und Vorhaben des Landes noch einmal zusammengefasst. Wie etwa die Digitalisierung der Schulen und das sogenannte elektronische Lernen oder der elektronischen Verwaltung. Daher liest sich die Strategie einerseits als Lobhudelei der vorherigen Landesregierung, andererseits als wortreiche Ankündigung von fast schon Selbstverständlichkeiten. "Der digitale Wandel", sagt Bähner, "spielt in fast allen Lebensbereichen eine Rolle." Als Beispiele nennt sie die Sommerreise, "die wir im Netz buchen, wie sich unser Arzt digital mit dem Krankenhaus austauscht oder wie wir von zu Hause aus digital arbeiten können".

Für all das ist aber eine schnelle Internetverbindung nötig. Von einer flächendeckenden Versorgung mit einer den heutigen technologischen Anforderungen angemessenen Übertragungsgeschwindigkeit ist Rheinland-Pfalz noch weit entfernt. Auch wenn es im Digitalpapier heißt: "Beim Ausbau des schnellen Internets hat Rheinland-Pfalz in den vergangenen fünf Jahren einen Sprung nach vorne gemacht."

Bis 2018 sollen alle Orte im Land über mindestens 50 über Internetgeschwindigkeiten von mindestens 50 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) verfügen. Derzeit sind es gerade mal 70 Prozent. Vor allem ländliche Gebiete wie weite Teile der Eifel oder auch des Hunsrücks sind internettechnisch unterentwickelt. Es scheint fraglich, dass es dort bis Ende kommenden Jahres eine deutlich bessere Versorgung mit schnellem Internet geben wird.

Bürger aus Bauler, Bollendorf, Dockendorf, Gondorf oder Nimsreuland im Eifelkreis Bitburg-Prüm dürfen hingegen hoffen, noch in diesem Jahr schneller surfen zu können und Fotos per Mail verschicken zu können, ohne dass sie während der Übertragung noch zwei Tassen Kaffee trinken können. Der Eifelkreis sei einer der am schlechtesten mit Breitbandanschlüssen für schnelle Übertragungsgeschwindigkeiten versorgten Gebiete Westdeutschlands gewesen, sagte der Bitburg-Prümer Landrat Joachim Streit. "Unsere Gemeinden brauchen das schnelle Internet." Das sei "unabdingbar" für die Unternehmen und für die Menschen im ländlichen Raum. Streit: "Ein schneller problemloser Zugang zum Internet gewährleistet Lebensqualität und Wettbewerbsfähigkeit."

Doch die Eifel mit ihren vielen kleinen, zum Teil sehr abseitig gelegenen Dörfern, ist uninteressant für Internetanbieter. Die Verlegung neue Leitungen ist zu teuer, viele Dörfer zu klein, als sich Investitionen lohnen. Nur wenn die öffentliche Hand einspringt, dann sind Unternehmen wie die Telekom bereit, Kabel zu verlegen und auch abgelegenen Ortschaften ans schnelle Internet zu bringen.

Der Eifelkreis hat mit der Telekom eine Kooperationsvereinbarung geschlossen. 33 Gemeinden ans schnelle Internet zu bringen.. Insgesamt 14,5 Millionen Euro sind bislang für den Ausbau im Eifelkreis veranschlagt. Laut Bähner hat das Land mit rund 45.000 Euro eine Machbarkeitsstudie über den Ausbau für Übertragungsgeschwindigkeiten von 50 Mbit/s im Eifelkreis bezuschusst. Ohne schnelles Internet lohnt es sich für Ortsgemeinden kaum noch neue Bau- oder Gewerbegebiete zu erschließen. Der Anschluss an die digitale Welt ist längst zum Standortfaktor geworden.

Rund 125 Millionen Euro stellt das Land für den Auf- und Ausbau von Breitbandverbindungen bis 2020 zur Verfügung. Damit sollen entsprechende Projekte der Kommunen gefördert werden. 40 Prozent der Kosten trägt das Land, 50 der Bund. Der kommunale Anteil sei auf zehn Prozent begrenzt, sagt Regierungssprecherin Bähner.

Mit seiner Digitalisierungsstrategie will Rheinland-Pfalz auch dazu beitragen, Dorfstrukturen zu erhalten und, so Bähner, "Leben in die Fläche" bringen. Digitale Dörfer hat die Landesregierung das Projekt getauft. Vernetzung ist das Zauberwort. Zusammen mit dem Fraunhofer Institut in Kaiserslautern wird in Eisenberg/Göllheim in der Pfalz und in Betzdorf im Landkreis Altenkirchen getestet, wie Vernetzung dazu beitragen kann, dass die örtlichen Händler mehr verkaufen. Dazu haben die Kaiserslauterer Forscher eigene über Smartphones bedienbare Apps entwickelt. Unter BestellBar etwa können die örtlichen Händler ihre Produkte anbieten und online verkaufen. In der TauschBar können die Bewohner Werkzeuge oder Dienstleistungen untereinander tauschen.

Das Ergebnis nach knapp zwei Jahren Testphase ist allerdings etwas ernüchternd. Von den 40.000 Einwohnern in den zwei Gemeinden haben 700 mitgemacht, 35 Händler haben ihre Ware über die Plattform verkauft. Das Land ist trotzdem von dem Projekt überzeugt. Man habe damit den richtigen Weg eingeschlagen, "das Leben auf dem Land mithilfe digitaler Lösungen attraktiver zu machen", sagte Innenstaatssekretär Randolf Stich (SPD) nach Abschluss der ersten Projektphase Ende vergangenen Jahres.

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