13 Meter Dorfgeschichte

FISCH. Seit Januar wird auf einem Bauernhof in Fisch fleißig gewerkelt. Das Besondere: Was einige Herren aus dem Gemeinderat dort zusammenbauen, ist zumindest in der Region eine Seltenheit. Ob der künftige "Heimat- und Zunftbaum" das Zeug hat, neues Wahrzeichen von Fisch zu werden, wird sich spätestens im Mai zeigen.

Ohrenbetäubender Lärm eines Winkelschleifers hallt durch die große Scheune, Funken sprühen. Damit Stefan Kaiser den exakt 13 Meter langen Stahlmast, der auf dem Boden des Raumes liegt, von allen Seiten bearbeiten kann, müssen seine vier Helfer - Hans-Peter Wacht, Jürgen Hein, Günter Hunsicker und Dieter Schmitt - das mehrere hundert Kilo wiegende Metallteil drehen. Das ist auch mit vereinten Kräften nicht leicht. Dennoch scheint sich Zufriedenheit in den Gesichtern der Fünf zu spiegeln. Denn das, was auf dem Bauernhof von Stefan Kaiser entsteht, ist zumindest in der Region eine Seltenheit: Der neue "Heimat- und Zunftbaum" von Fisch. "Soviel ich weiß, gibt es in der Verbandsgemeinde Saarburg nichts Vergleichbares", erklärt Dieter Schmitt. Tatsächlich haben so genannte Zunft- oder Handwerkerbäume, deren Geschichte auf das 16. Jahrhundert zurückgeht, vorwiegend in Bayern Tradition. In der Dorf- oder Stadtmitte aufgestellt, sollten sie einst Durchreisenden einen Überblick über das ortsansässige Handwerk geben. Doch wie kamen die Leute aus Fisch auf die Idee, auch ihren Ort mit einem Zunftbaum zu schmücken? Ortsbürgermeister Schmitt berichtet: "Vor drei Jahren wollten wir Fahnenmasten für Feierlichkeiten aufstellen lassen. Es gab sogar einen Gemeinderatsbeschluss." Später habe er in Bernkastel-Kues einen Handwerkerbaum gesehen. "Ich dachte mir: Das wäre doch auch etwas für uns." Bei den Ratsherren von Fisch sei der Vorschlag auf Begeisterung gestoßen. Kurzerhand habe man sich hauptsächlich im Raum Wittlich mehrere Beispiele angesehen. "Besonders der Baum in Dreis hat uns gut gefallen", erzählt Schmitt. Schnell waren sich die Fischer einig: Statt Fahnenmasten sollte ein Zunftbaum her.Jakobusweg und Volkstanzgruppe

Das Problem: "In unserem Dorf sind nicht sehr viele Handwerksberufe angesiedelt", sagt Günter Hunsicker. "Wir haben einige Landwirte und Schnapsbrenner, und bis vor rund 15 Jahren wurde bei uns noch Weinbau betrieben." Doch Fisch habe eine interessante Ortsgeschichte und darüber hinaus mehrere Vereine zu bieten. Damit gab es genügend Themen. Insgesamt 16 "Hinweistafeln", die von einem Künstler gestaltet wurden und an dem Stahlmast des "Heimat- und Zunftbaumes" befestigt werden, weisen auf die Besonderheiten des Ortes hin - beispielsweise auf den alten Jakobus-Pilgerweg, der durch Fisch verläuft, die Evakuierung im Zweiten Weltkrieg, die Volkstanzgruppe und die Feuerwehr. Das Gemeindewappen soll die Spitze des stählernen Ungetüms schmücken. "Wir mussten sogar eine Baugenehmigung für den Aufstellort am Jakobushaus einholen", berichtet Schmitt. Seit Mitte Januar werkeln der Orts-Chef und seine vier Helfer - allesamt Mitglieder des Gemeinderats - unter Federführung von Stefan Kaiser auf dessen Hof. Spätestens am 7. Mai soll alles fertig sein, denn dann soll der Heimat- und Zunftbaum im Rahmen eines Festes aufgestellt werden. Die Materialkosten und das Künstlerhonorar in Höhe von rund 10 000 Euro trägt die Gemeinde. Einen kleinen Zuschuss gab es von den Ortsvereinen. "Wir sind allerdings auf der Suche nach Sponsoren", berichtet Schmitt, der das - möglicherweise - neue Wahrzeichen des Ortes nicht nur als bloßen Schmuck sieht. "Unser Heimat- und Zunftbaum soll den heute lebenden, vor allem aber folgenden Generationen die Geschichte unserer Gemeinde und ihre Besonderheiten vor Augen halten."

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