Abschied von einer großen Ära

TRIER. Richard Groß, 1983 zum Landrat des Kreises Trier-Saarburg bestellt, wird heute 65 Jahre alt und geht in den Ruhestand. Der Abschied von der Ära Groß, unbestreitbar eine große Ära, wird heute in der Hermeskeiler Hochwaldhalle gefeiert. Der TV präsentiert auf zwei Sonderseiten Fakten, Meinungen und Momentaufnahmen.

"Der rheinland-pfälzische Landrat ist eine Mehrzweckwaffe", sagt Groß über sich selbst. "Er leitet die Verwaltung und ist parallel dazu Vorsitzender des Kreistages sowie Repräsentant des Kreises nach außen." In Niedersachsen ist diese Last auf zwei Personen verteilt.Doch Groß beschwert sich nicht über die Personalunion: "Das ist eine feine Sache, weil man nur noch den Kreistag, den lieben Gott und seine eigene Ehefrau über sich hat, führt aber leicht zu einer 90-Stunden-Woche."

Es fällt absolut nicht schwer, an diese 90-Stunden-Woche zu glauben. Auch alte Haudegen in der Kreispolitik, Stammgäste aller Burg-, Wein- und sonstigen Feste, müssen scharf nachdenken, wenn man sie fragt, ob Landrat Groß irgendwann irgendwo mal nicht dabei war. "Der Landrat tut gut daran, oft im Kreis herumzufahren", sagt Groß. So erfahre er, was Sache ist. Unternehmensbesuche gehören dazu, "um auf dem Laufenden zu sein und eine effiziente Wirtschaftsförderung machen zu können".

Weder bierernst noch einfallslos

Gegen Weinfeste sei auch nichts einzuwenden. "In diesem Zusammenhang wird mir nachgesagt, dass bei Ansprachen die Zuhörer schon einmal ab und zu ihre Freude hatten, weil von Bierernst und gesteigerter Einfallslosigkeit in der Regel nicht allzu viel zu finden ist." Die Mitarbeiter der Kreisverwaltung indes freuten sich. Die unterhaltsame und fachlich korrekte Spontaneität ihres Chefs ersparte ihnen die Anfertigung ausgefeilter Redemanuskripte.

22 Jahre im Amt machten aus dem damaligen Ministerialrat eine politische Größe, die untrennbar mit der erfolgreichen Entwicklung des Landkreises verbunden ist.

Er selbst formuliert das natürlich völlig anders. "Mit einigen Arbeitsergebnissen sind wir ganz zufrieden." Na gut.

Die Fakten: Die Wirtschaftsförderung funktioniert. Über die Jahre hin wurden zahlreiche gut gelegene Industrie- und Gewerbeflächen erschlossen, Beispiele sind Sirzenich, Konz und Osburg. Musterbeispiel ist der Industriepark Region Trier, auf dessen Erfindung und Umsetzung der Landrat besonders stolz ist. "Der Oberbürgermeister von Trier redet im Hinblick auf den Kreis Trier-Saarburg nicht vom Armenhaus, dazu wäre vor 20 bis 30 Jahren Anlass gewesen, sondern vom Speckgürtel", sagte Groß bereits 2000, als er den Franz-Weißebach-Preis erhielt.

Schulen im Landkreis sind Spitze

Der Landkreis Trier-Saarburg hat unter der Führung von Richard Groß in den beiden vergangenen Jahrzehnten ein umfassendes Schulneubau- und -sanierungsprogramm aufgelegt. Die Aufsichts-und Dienstleistungsdirektion (ADD), deren landesweite Zuständigkeit auf einen verlässlichen Überblick schließen lässt, bestätigt es: Die Schulen im Landkreis sind Spitze.

"Das gilt im Übrigen auch für die Kindergärten, die in den 90er-Jahren mit Landeshilfe ausgebaut wurden", sagt ADD-Präsident Josef Peter Mertes. Was er sonst noch zur Ära Groß zu sagen hat, hört man heute in der Hochwaldhalle. Ungeduldige Naturen finden seine Ansicht schon vorher unten auf dieser Seite.

Was noch? Jede Menge: Richard Groß hat sich in der Regionalen Planungsgemeinschaft und in den vielen regionalen und interkommunalen Zweckverbänden mit der Stadt engagiert. Die Qualität der Infrastruktur im Kreis ist stetig gestiegen, es entstanden Bürgerhäuser, Vereinshäuser, Sportstätten, Straßen und Radwege. Der Radweg Ruwer-Hochwald wäre ohne den zähen Verhandlungsführer Richard Groß, der über Jahre hinweg mit der Bahn gerungen hat, schon vor Jahren zu Grabe getragen worden.

Günther Schartz (CDU), ehemals Bürgermeister der Verbandsgemeinde Saarburg, ist ab dem 1. Januar neuer Landrat. Er setzte sich bei der Urwahl im Juni gegen Katarina Barley (SPD) durch.

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