Als die Bahnhofstraße noch den Waldrachern gehörte

KASEL. (red) Einen Blick auf die Weinbaugemeinde Kasel und ins Ruwertal gewährt uns die Aufnahme des Fotografen Bätz aus der Zeit unmittelbar nach 1910. Der Text stammt von Barbara Weiter-Matysiak.

Das Foto wurde vom Katharinenberg (Im Kestenrech) aus aufgenommen. Eine Frau ist im Weinberg mit den Frühjahrsarbeiten beschäftigt; noch sind die Reben und der größte Teil der Bäume entlang des Gleiskörpers der Hochwaldbahn kahl. Die Bahnlinie wurde 1889 eröffnet, zur Zeit wird auf der Bahntrasse der Hochwaldradweg ausgebaut. Vertraut ist uns die Ortseingangssituation am rechten Bildrand, sie hat sich bis heute so erhalten. Rechts der Gleisanlagen der Capunische Hof (Bahnhofstraße 1, ehemaliges Hofgut von St. Maria ad Martyres), der Gasthof Herres (Bahnhofstraße 3, ehemaliges Hofgut des Paulinstiftes), und gleich dahinter die von Nell`schen Keltergebäude, die in den Jahren nach 1910 erweitert wurden. Links der Gleise der Gasthof Ruwertal (auch dieses Gebäude steht noch) und das Stationsgebäude der Hochwaldbahn, das 1905 errichtet wurde und heute ein Friseurgeschäft beherbergt. Dazwischen verläuft die Straße nach Waldrach, die Bahnhofstraße, die heute beidseitig bebaut ist. Dieser ganze Bereich gehörte seit alters her zu Waldrach, erst 1929 wurde die Eingemeindung nach Kasel vollzogen, und Kasel zahlte 3500 Reichsmark als Entschädigung an Waldrach. Eine Brücke führt über die Ruwer in den eigentlichen Ort, gleich dahinter steht links der Unterstraße das Leitungshäuschen, denn Kasel war seit Herbst 1910 ans Stromnetz angeschlossen. Unmittelbar danach folgt in der Unterstraße 1 das Weingut von Beulwitz, das nach dieser Aufnahme zu seiner heutigen Form umgebaut wurde. Auf der Anhöhe noch die alte, 1781 gebaute St. Nikolaus Kirche, die damals wie heute das Ortsbild bestimmt. Sie wurde als Vorhalle in den 1926/27 vom Trierer Baumeister Josef Monz errichteten Neubau einbezogen. Damals lag der Friedhof noch direkt bei der Kirche. Am linken Bildrand, auf gleicher Höhe wie die Kirche, das ehemalige Hofgut von St. Irminen, aus dessen Schornstein Rauch aufsteigt. Die Gemeinde erwarb das Gebäude 1883 von den Grafen von Kesselstadt, um es als Schule zu nutzen. Diesem Zweck diente es bis 1896. 1895 begann der Bau der neuen Volksschule. Zum Zeitpunkt der Aufnahme hatte Kasel rund 720 Einwohner, heute sind es rund 1300 Menschen. Damals umgaben Streuobstwiesen und Baumgärten das Dorf. Heute stehen dort Häuser. Die Schule, um 1910 noch am östlichen Dorfrand, markiert heute etwa die Mitte der Ost-West-Ausdehnung des Ortes.

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