Ammoniak-Unfall in der Großbäckerei - Zwei Verletzte

Ayl-Biebelhausen · In der Großbäckerei Biebelhausener Mühle sind zwei Angestellte bei einem Betriebsunfall verletzt worden. Eine Ammoniakleitung in einer Gefrieranlage war geplatzt, das ätzende Gas trat aus. 120 Feuerwehrleute waren bis zum Morgen im Einsatz.

 Zwei Wehrleute vermischen das Ammoniak mit Wasser. Foto: Feuerwehr

Zwei Wehrleute vermischen das Ammoniak mit Wasser. Foto: Feuerwehr

Es ist 23.27 Uhr am Mittwochabend, als der Alarm bei der Berufsfeuerwehr Trier eingeht: Er kommt aus der Großbäckerei Biebelhausener Mühle, die mit 75 Filialen und circa 850 Mitarbeitern die Region und das Saarland mit Backwaren versorgt. Was zunächst als Brandalarm automatisch bei der Rettungsleitstelle der Berufsfeuerwehr Trier einläuft, stellt sich schnell als Betriebsunfall heraus: Ein Gasrohr ist in einer Gefrieranlage des Unternehmens geplatzt. An einer 90-Grad-Krümmung des Rohres sind Schweißnähte aufgeplatzt. Dadurch ist ein Teil des Rohres abgerissen, gasförmiges Ammoniak (siehe Extra), das als Kühlmittel durch das Rohr fließt, tritt aus. Der Druck im Froster selbst wird dadurch so groß, dass ein Teil der Außenwand des Frosters nach außen gedrückt wird und umfällt.

"Als wir ankamen, waren die Leute schon alle draußen und erzählten, dass es eine Explosion gegeben habe", sagt der Wehrleiter der Verbandsgemeinde Saarburg, Bernhard Klein. Zudem habe kurz nach dem Alarm ein Mitarbeiter des Unternehmens auch die Leitstelle in Trier informiert.

Zwei Mitarbeiterinnen, die in der Nähe standen, wurden durch das Gas verletzt. Sie mussten im Krankenhaus behandelt werden. "Eine unserer Mitarbeiterinnen ist schon entlassen. Die andere hat leichte Verbrennungen an der Schulter und muss noch im Krankenhaus bleiben", sagt Birgit Wacht, die Geschäftsleiterin der Biebelhausener Mühle: "Es ist das wichtigste, dass beide keine schweren Verletzungen davongetragen haben." Insgesamt haben in der Nachtschicht rund 50 Angestellte gearbeitet.

"Es war ganz schön Action hier im Dorf", sagt Susanne Weber, die in Biebelhausen wohnt. Sie habe das Geschehen vom offenenFenster aus betrachtet. "Es gab schon öfter mal Fehlalarm in der Mühle", sagt Weber. "Aber dann war die Feuerwehr immer schnell wieder weg." Das sei diesmal nicht so gewesen. "Man hat auch was gerochen. Ich dachte erst, Teilchen im Ofen verbrennen. Ich habe ja nicht direkt an Ammoniak gedacht." Dann sei die Durchsage von der Feuerwehr gekommen, Fenster und Türen zu schließen. "Das habe ich gemacht." Angst habe sie keine gehabt. "Ich fühlte mich genug geschützt. Man hat ja gesehen, dass schon Leute am Arbeiten waren."

Nachtschicht für die Wehr



Etwa 120 Wehrleute waren die ganze Nacht im Einsatz: die Feuerwehren Biebelhausen, Ayl, der Löschzug Mitte und die Feuerwehr Beurig. Zusätzlich die Messtrupps Kirf und Freudenburg, die Gefahrstofftrupps Saarburg und Beurig sowie die Deko-Gruppe Wincheringen. Sie beseitigt Gasrückstände bei Wehrleuten und Geräten. Der Gefahrstoffzug des Landkreises aus Kasel brachte Material wie Messgeräte und Schutzanzüge. Auch der Kreisfeuerwehrinspekteur Stefan Sihr war vor Ort.

Nachdem die Gaszufuhr gestoppt und das Rohr abgedichtet war, haben die Wehrleute mit einem Sprühnebel das wasserlösliche Gas zu Boden gebracht. "Dann ist es durch die Entwässerung in den Kanal geflossen", sagt Klein. "Die VG-Werke haben das Wasser dann so umgeleitet, dass es in ein separates Becken geflossen ist, um keinen Schaden anzurichten." In Biebelhausen, Ayl, Schoden, Ockfen und Niederleuken wurde zudem die Luft untersucht. Es wurde keine gesundheitsschädliche Ammoniakkonzentration gemessen. "Anwohner waren zu keiner Zeit gefährdet", betont Klein.

Die Gewerbeaufsicht hat noch in der Nacht die Ermittlung der Unfallursache aufgenommen. Zurzeit geht sie von einem technischen Defekt aus. "Das Rohr wird durch einen Sachverständigen untersucht und zum Tüv nach Köln geschickt", sagt Norbert Faber, Leiter der Regionalstelle Gewerbeaufsicht, die zur Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord gehört.

Die Ware in der Produktionshalle wurde vorsorglich komplett vernichtet. Am Donnerstag wurde der gesamte Betrieb weiter durchlüftet und gereinigt. Das Gesundheitsamt hat laut Wacht den Betrieb inzwischen wieder freigegeben. "Wir werden bereits am Donnerstagabend wieder produzieren", sagt die Chefin. Am Morgen nach dem Unfall sei nur etwa die Hälfte der Ware ausgeliefert worden, die weit weg vom Unfall gelagert war. "Natürlich in enger Abstimmung mit dem Gesundheitsamt", sagt Wacht.

Wie hoch der Schaden ist, lässt sich dem Unternehmen zufolge noch nicht sagen. Einen Unfall ähnlicher Größenordnung habe es in dem Betrieb noch nie gegeben. "Wir sind letztlich aber mit dem Schrecken davongekommen", sagt Birgit Wacht.

Ammoniak ist eine chemische Verbindung aus Wasserstoff und Stickstoff. Das farblose Gas mit beißendem Geruch wirkt in höheren Konzentrationen ätzend auf Haut und Schleimhäute (etwa im Auge und in der Lunge) und führt beim Einatmen zu Reizhusten und Brechreiz. Ammoniak ist wasserlöslich ("Salmiakgeist"). Es wird unter anderem als Kühlmittel in Kältemaschinen sowie in der Düngemittelproduktion genutzt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort