Auf Tuchfühlung mit 40-Tonnern

Von unserem Redakteur FRIEDHELM KNOPP AACH-HOHENSONNE. Der Aacher Ortsteil Hohensonne ist klein – er zählt rund 300 Bewohner. Doch die haben ein Problem: Die B 51 von Trier nach Bitburg, die quer durchs Dorf verläuft. Der tägliche Durchfluss beträgt inzwischen 24 000 und mehr Fahrzeuge. In einem Ortsgespräch hörte sich der TV die Nöte der Betroffenen an.

Vor dem Gespräch im Bürgerhaus Aach soll in Hohensonne ein Foto mit den Gesprächsteilnehmern und ihren Kindern gemacht werden. Es wird kein leichter Fototermin: Eine fast ununterbrochene Fahrzeugschlange zieht an dem "Bürgersteig" vorbei - er ist nur durch eine durchgezogene Linie von der Fahrbahn abgegrenzt.Pläne gab es schon zuhauf

Die Autos wären allein schon lästig - aber alles nichts gegen die Schwerlaster. Auf Griffweite ziehen die 40-Tonner vorbei, oft mehrere hintereinander, dazu die Kollegen aus der Gegenrichtung. Der Fahrtwind zerrt an Haaren und Jacken, Kommunikation nur schreiend möglich. Für Josef Krein, seit über 21 Jahren Ortsbürgermeister, ist die B-51-Ortsdurchfahrt längst Teil seines Lebensinhalts geworden. "Es gab schon in den 70er-Jahren drei Pläne", so Krein. "Westliche oder östliche Umgehung, oder Ausbau mittendurch. Dafür hätten einige Häuser weichen müssen und die Kapelle sollte versetzt werden." Sogar an eine Untertunnelung des Ortes sei einmal gedacht worden. Krein: "Das war aber wegen der Kosten nur eine Utopie." Einen Tunnel haben sie in den 70er-Jahren dann doch bekommen - aber nur für die Fußgänger in den durchtrennten Ortshälften. Doch selbst im Tunnel ist der Mensch nicht sicher, wie ein Unfall vor zwei Jahren zeigte: Ein Auto war von der Fahrbahn abgekommen und direkt in den seitlich zur Straße verlaufenden Tunneleingang gekracht, wo sich zum Glück gerade niemand aufhielt. Wehrführer Michael Arnoldy: "Der Wagen stand da drin wie geparkt." "Rund 40 Kinder leben in Hohensonne", sagen Michaela Candels, Anja Reh und Petra Deutschen. Sie sind selbst Mütter von kleinen Kindern und haben daher ein zusätzliches Problem mit ihrem Wohnort. Ihre Kinder wachsen quasi in einer Ausnahmezone auf, wo der Aufenthalt vor der Haustür tabu ist. "Mir graust es vor dem Herbst, wenn meine beiden Jungen in die Schule kommen", sagt Petra Deutschen. Sie hat Angst vor dem dann obligatorischen Weg ihrer Kinder zur Bushaltestelle. Einen Abholdienst per Kleinbus gibt es nur für die Kindergartenkinder. Und auch die sind nicht immer auf der sicheren Seite - denn der Bus muss zunächst aus der Kapellenstraße nach links auf die Hauptstraße und von dort nach Aach kreuzen.Verkehrstoter im Vorgarten

Anja Reh, bei der die Straße direkt an der Haustür vorbeiführt sagt "Ich hatte einmal die Kinder an einem nebligen Morgen zum Bus gebracht. Kurz drauf die furchtbare Vollbremsung eines Lastzuges - der Busfahrer hatte versucht, auf die Bundesstraße zu kommen…" Belastend sind auch der ständige Lärmstress und die aus nächster Nähe erlebten Unfälle mit Toten und Schwerverletzten - auch wenn es "nur" die Autofahrer traf. Rudolf Kimmlingen - "ich wohne seit meiner Kindheit hier" - denkt an einen Unfall vor zwei Jahren, bei dem das Opfer in seinem Vorgarten nach vergeblichen Bemühungen des Notarztes starb. Und Petra Deutschen erinnert sich noch an den Lastzug, der über die Fußgängerüberführung geflogen kam und aufs Grundstück kippte. "Sobald es gekracht hat, laufen die Bewohner zusammen und versuchen, erste Maßnahmen einzuleiten", sagt Ortsbürgermeister Krein. Die größte Sorge gilt den Gefahrgutransportern, die seit Einführung der LKW-Maut zunehmend durch Hohensonne fahren. Auch der andere Schwerlastverkehr hat seither zugenommen hat. Wehrführer Arnoldy: "Wenn so einer mal in ein Haus kracht, stehen wir als kleine örtliche Feuerwehr zunächst machtlos davor." Übrigens weiß niemand, wieviele Gefahrgutlaster täglich Hohensonne passieren. Auch nicht das Bundesamt für den Güterverkehr (BFG). Man lebt gefährlich in Hohensonne - doch die Hoffnung, dass es in absehbarer Zeit doch noch zum Bau einer Ortsumgehung kommen könnte, haben alle Betroffenen längst ad acta gelegt: Aus dem Bundesverkehrswegeplan gestrichen und auf den Sanktnimmerleinstag verschoben. Und dann ist da noch der geplante dreispurige Ausbau der B 51 zwischen Hohensonne und Newel. "Dann kommen die bei uns erst richtig in Schussfahrt rein", so die Anwohner im ChorWenn wenigstens die Laster weg wären

Die Anlieger und die Ortsgemeinde beharren daher auf zwei Grundforderungen: Installation einer ortsfesten Radarüberwachungsanlage und Sperrung der B 51 Trier-Bitburg für Laster über 7,5 Tonnen. Für das LKW-Verbot stehen die Zeichen schlecht - auf einer Bundesstraße ist Schwerlastverkehr grundsätzlich zulässig. Und die Radaranlage lehnen die Behörden mit dem Argument ab, dass erfahrungsgemäß vor und hinter den "Starenkästen" weiter gerast werde. Außerdem verweisen Polizei, Kreisverwaltung und Landesbetrieb Straßen und Verkehr auf die Statistik. Danach gilt Hohensonne nicht als Unfallschwerpunkt, da es dort seit zwei Jahren ruhig geblieben ist. Das sehen die Betroffenen anders: "Würde man an beiden Ortseingängen solche Anlagen aufstellen, würden die Fahrer wenigstens auf den 600 Metern entlang der Häusern vom Gas gehen." Und wann es zum nächsten großen Knall komme, sei nur noch eine Frage der Zeit. Aber offenbar müsse immer erst etwas passieren, bevor gehandelt werde.

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