Aus der Abgeschiedenheit in die Welt

TRITTENHEIM. Es ist nicht übertrieben: Stefan Andres und Johannes Trithemius haben zu ihrer Schaffenszeit die Welt mitgeprägt. Deshalb bleibt die Erinnerung an sie auch wach.

Zugegeben: Die Werke, die Stefan Andres zu einem der bekanntesten Autoren der Nachkriegszeit machten, entstanden nicht in Trittenheim. Doch als sein Geburtsort bleibt die Gemeinde unverrückbar in den Geschichtsbüchern stehen. Der Schriftsteller wurde am 26. Juni 1906 in einer Mühle im Tal der kleinen Dhron geboren: genauer gesagt auf der Breitwiese im Dhrönchen, einem Ortsteil von Trittenheim. 1910 zog die Familie nach Schweich. Seinem Vater, einem Müller, war durch den Bau der Dhrontalsperre die Existenzgrundlage genommen.Die ersten Lebensjahren waren prägend

Doch vielleicht waren ja gerade die wenigen Jahre auf der Breitwiese prägend für den späteren Lebensweg von Stefan Andres. Wie beschreibt es Hermann Erschens in einer Biographie? "Die Stille und Abgeschiedenheit des Dhrontales war für den kleinen Stefan eine heile, paradiesische Welt, in der er im Einklang mit der Natur lebte, mit wachen Sinnen und begabt mit einem starken Erinnerungsvermögen." Diese Zeit ließ er, so Erschens, 1953 in seinem autobiografischen Roman "Der Knabe im Brunnen" wieder lebendig werden, einem Mosaik aus Erinnerung und Fantasie. Dieses Werk wurde sogar ins Chinesische übersetzt. Der Brunnen, der ihm wohl als Vorlage diente, ist auch heute noch vor dem Geburtshaus zu sehen. Er lockt auch schon Andres-Verehrer in das Tal zwischen Zummet und Papiermühle. Die Auflage seines Gesamtwerkes schätzt Erschens auf fast drei Millionen. Damit gehöre Andres, der 1970 in Rom starb und dort auch seine letzte Ruhestätte fand, zu den meistgelesenen Autoren deutscher Sprache in der Nachkriegszeit. Andres' Verbindung ist nie abgerissen. Immer mal wieder schaute er in Trittenheim vorbei. "Als Kind habe ich noch erlebt, wie er im Gasthaus Germania saß und ein paar Schoppen Wein trank. Er kam immer gerne hierhin", erinnert sich Ortsbürgermeister Helmut Ludwig. Er wohnte dann im "Ginsterhaus" auf Zummet. Das Anwesen hatte ihm die Gemeinde Leiwen zum 45. Geburtstag geschenkt. Es gibt noch einen großen Trittenheimer Sohn, ein Mann der, würde er heute leben, sicherlich Weltgeltung hätte: Johannes von dem Heidenberg (1462-1516) - Mönch, Abt, mittelalterlicher Humanist, leidenschaftlicher Büchersammler, bewunderter Gelehrter. Weil er aus Trittenheim stammte, nannte er sich Trithemius. Er tat es damit dem zweiten großen moselländischen Geist des 15. Jahrhunderts, Nikolaus Krebs, gleich. Denn der nannte sich bekanntlich Cusanus. Kennen gelernt haben sich die beiden großen Gelehrten allerdings nicht. Als Cusanus 1464 starb, hatte Trithemius gerade erst das Laufen gelernt. Trithemius stand als Abt des Klosters in Sponheim einer berühmten Bibliothek vor. Zu seinen eigenen Hauptwerken zählen ein Nachschlagewerk über die "kirchlichen Schriftsteller" und der "Katalog der berühmten Deutschen". Es waren die ersten Bibliografien überhaupt. Viele Gelehrte der damaligen Zeit strömten in das Kloster, um dort den Dialog unter Gleichgesinnten zu pflegen. Die Verbundenheit des Johannes Trithemius mit seiner Heimat drückt sich nicht nur in seinem Wappen aus, das eine Traube zeigt. Zitiert wird er auch mit den Worten: "Die Fremde habe ich zu verherrlichen gesucht, aber kein Königreich, kein Provinz, keine Stadt mehr als meine Heimat, das Moselland..." Auch das Geburtshaus von Johannes Trithemius steht noch. Ein kleine Gedenktafel weist auf den früheren Bewohner hin. "Manchmal kommen auch Leute auf den Spuren des Abts", berichtet Helmut Ludwig von ungebremsten Interesse am Leben und Werk des Abtes. Liebe Leser: Wie wird Trittenheim im Jahr 2020 aussehen? Schicken Sie uns ihre Vision (maximal 30 Zeilen à 32 Anschläge) zur Zukunft Ihrer Heimat bis Dienstag, 10. Januar, per E-Mail an mosel@volksfreund.de.

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