Aussaat, Ernte, Arbeit

Im "Schnippel- und Bauerngarten" des Bürgerservices lernen Arbeitslose nicht nur die Arbeit eines Garten- und Erntehelfers kennen. Das von der Arge Trier-Saarburg finanzierte Projekt soll die Hartz-IV-Empfänger ganzheitlich an den Wiedereintritt in das Berufsleben heranführen.

 Auf dem Saarburger Wochenmarkt bieten die Teilnehmer des Bürgerservice-Projekts „Schnippel- und Bauerngarten“ – im Bild Beate Stumps aus Konz – Schnittblumen, Topfpflanzen und Gestecke an. TV-Foto: Christiane Wolff

Auf dem Saarburger Wochenmarkt bieten die Teilnehmer des Bürgerservice-Projekts „Schnippel- und Bauerngarten“ – im Bild Beate Stumps aus Konz – Schnittblumen, Topfpflanzen und Gestecke an. TV-Foto: Christiane Wolff

Saarburg. Die bunten Blüten der Topfblumen leuchten unter dem verhangenen Augusthimmel. Regen tropft durch das Zeltdach des Marktstands. Seit vier Stunden schon bieten Daniela Bauer und Stefanie Drescher ihre Trockengestecke, Schnittblumen, Topfpflanzen und Deko-Sträuße auf dem Saarburger Fruchtmarkt an. Verkauft haben sie noch nichts. "Bei dem Wetter ist ja keiner unterwegs", seufzt Bauer. Aber Frustration gehört eben auch zum Arbeitsalltag - und genau an den sollen sich die 13 arbeitslosen Teilnehmer des neuen Qualifizierungsprojekts des Saarburger Bürgerservices wieder gewöhnen.Zwar verhagelt ihnen an diesem kalten Augustmittwoch das Wetter buchstäblich das Geschäft, aber was die Truppe zusammen mit Gärtnermeisterin Elke Kloos schon geleistet hat, ist beachtlich: Auf rund 400 Quadratmetern grünt und blüht es auf dem ansonsten tristen ehemaligen Bahngelände neben der Geschäftsstelle des Bürgerservices. Lupinen, Rosen, Astern und Sonnenblumen haben die Hartz-IV-Empfänger unter der Anleitung von Kloos im Frühling gesät, gesetzt und gepflegt. Dazu Hochbeete mit Tomaten, Gurken, Zucchini, Kräutern und Kürbissen angelegt. Einige der Produkte werden mittwochs auf dem Saarburger Markt verkauft.Besonders Alleinerziehende, die seit langem aus dem Berufsleben raus oder noch nie einer regelmäßigen Beschäftigung nachgegangen sind, werden über das Projekt wieder an den Arbeitsmarkt herangeführt. Individuelle Geschichten hinter derStatistik

Durchschnittlich sind die zwölf Frauen und ein Mann seit drei Jahren ohne Job. Hinter der Statistik verbergen sich individuelle Geschichten: Stefanie Drescher etwa ist gelernte Goldschmiedin. Um sich Familie und drei Söhnen zu widmen, war die Saarburgerin 17 Jahre zu Hause. Jetzt will sie wieder arbeiten - aber in ihrem Beruf ist keine Stelle zu finden. "Das Garten-Projekt ist super und hat mir neue Perspektiven eröffnet, ich möchte gerne eine Umschulung zur Floristin machen", sagt Drescher. Andere Teilnehmer waren zumindest anfangs schwieriger zu motivieren: "Wer noch nie oder seit langem nicht mehr gearbeitet hat, dem fällt es schwer, sich an einen festen Zeitrahmen und eine bestimmte Arbeitsqualität zu gewöhnen", sagt Projektleiter Elmar Wietor vom Bürgerservice. Als die gemeinnützige Gesellschaft ihr Konzept für eine Qualifizierungsmaßnahme im Gartenbau der Arge Trier-Saarburg vorstellte, war diese gleich überzeugt: "Durch die flexiblen Arbeitszeiten, die nur moderate körperliche Beanspruchung und das Erleben eines vollständigen Produktzyklusses von der Aussaat bis zum Verkauf ist das Projekt sehr gut geeignet, um besonders weibliche Alleinerziehende dem Arbeitsleben wieder näher zu bringen und sie den Spaß an einer Erwerbstätigkeit entdecken zu lassen", sagt Dieter Schormann, stellvertretender Geschäftsführer der Arge Trier-Saarburg, die das Projekt größtenteils finanziert.Ein halbes Jahr lang leisten die Projektteilnehmer eine Zwanzig-Stunden-Woche in den Beeten, bei der Grünspargel-Ernte auf dem Hofgut Serrig und auf dem Saarburger Wochenmarkt. Doch die Arbeitslosen werden nicht nur fachlich ausgebildet, um später zum Beispiel als Gartenhelfer einsetzbar zu sein. "Wir helfen auch bei Bewerbungen, der beruflichen Neuorientierung und der Lebensgestaltung, etwa dabei, wie man mit Schulden richtig umgeht", erklärt Wietor. Eine der Frauen hatte Glück mit ihrer Bewerbung und eine feste Stelle in einer Hotelküche gefunden. "Oberstes Ziel ist es natürlich, unseren Teilnehmern zu festen Anstellungen zu verhelfen", sagt Wietor. "Dafür sind wir jedoch auch auf Arbeitgeber angewiesen, die Alleinerziehende beschäftigen - leider gibt es da immer noch Vorurteile", ergänzt Schormann. Aber auch, wenn nicht immer eine feste Anstellung am Schluss einer Qualifizierung stehe: "Wenn wir es schaffen, Lust auf eine regelmäßige Beschäftigung zu wecken und Probleme, die im Weg stehen, aus dem Weg zu räumen und die Leute anschließend zumindest saisonweise als Erntehelfer arbeiten, ist schon viel geleistet", sagt Schormann.

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