Baumwipfel im Rotorwind

OSBURG. Verkalkung beim Menschen ist ungesund. Doch dem Nadelwald hilft Kalk als Schutz gegen Übersäuerung des Bodens - hervorgerufen durch immissionsbelasteten Regen. Dieser Tage werden nun die Wälder rund um Osburg von einem Hubschrauber mit Kalk eingepudert.

 Staubige Angelegenheit: Der Hubschrauber hat soeben rund 300 Kilogramm Kalk in den Kübel am Seil übernommen und startet zur nächsten Runde über die Baumwipfel.Foto: Friedhelm Knopp

Staubige Angelegenheit: Der Hubschrauber hat soeben rund 300 Kilogramm Kalk in den Kübel am Seil übernommen und startet zur nächsten Runde über die Baumwipfel.Foto: Friedhelm Knopp

Erschreckt steigt der Autofahrer auf der B 52 kurz vor der Abfahrt Farschweiler auf die Bremse. Rechts über dem Wald ist plötzlich ein tief fliegender Hubschrauber aufgetaucht. Am Bauch des Drehflüglers hängt ein langes Kabel, an dessen unterem Ende sich eine Art von Kübel befindet. Dann schießt auch noch eine braune "Rauchwolke" zwischen den Baumwipfeln empor. Wird hier aus der Luft ein Waldbrand bekämpft?Der vermeintliche "Rauch" ist in Wirklichkeit pulverfein gemahlener Kalkstein aus Wellen an der Obermosel. Und der Hubschrauberpilot hat den Auftrag, das Kalkpulver gleichmäßig über die Nadelwälder auf den Gemarkungen Osburg, Farschweiler, Schöndorf und Holzerath zu verteilen.Bei jeder Runde 300 Kilogramm "Puder"

Mit der Waldkalkung beauftragt ist die Firma Weber Flugdienste + Agrarservice aus Hahn. Der Ausgangspunkt für die Bekalkungsaktion befindet sich am Forsthaus Sternfeld an der B 52.Mit Buschfliegerromantik hat die Waldkalkung per Hubschrauber nichts zu tun. Aber mit Tempo: Auf einem Weg hinter dem Anwesen Sternfeld liegen mehrere Lastzugladungen Kalkstaub. Davor steht nun der "Bodenmann" Andreas Hill mit seinem Radlader, während Pilot Götz Schneiders mit dem Hubschrauber in der Luft rotiert.Das Zweierteam mit seinen Geräten ist nicht gerade billig - eine Hubschrauberstunde kommt auf etwa 1500 Euro. Deshalb erwarten die Kunden, in diesem Falle das Forstamt Osburg und die Ortsgemeinden als Waldeigentümer, eine möglichst effektive Arbeitsweise. Und die haben Schneiders und Hill drauf:Etwa einmal pro Minute rast der Helikopter heran an die Stelle, wo der Radlader schon mit voller Schaufel wartet, und bleibt dort in der Luft stehen. Kurz senkt sich am langen Kabel der Kübel zu Boden, wird vom Lader gefüllt, und auf geht's zur nächsten Runde. Jeder Füllvorgang ist begleitet von einer gewaltigen Staubwolke, aufgewirbelt vom Wind des Rotors. Doch Laderfahrer Hill ficht das nicht an, denn sein Gefährt besitzt eine staubdichte, klimatisierte Kabine. Und in der Luft hakt Pilot Schneiders nach jeder Runde den Abschnitt, über dem er per Fernbedienung die Bodenklappe des Kübels öffnete, auf einer Luftbildkarte des Reviers ab. So bleibt die Übersicht erhalten.Wirksames Mittel gegen Übersäuerung der Böden

Ginge es nicht preisgünstiger mit einem Gebläse vom Boden aus - wie da und dort auch schon in den Wäldern beobachtet? Forstdirektor Bernhard Buss, Leiter des Forstamtes Osburg, erläutert die Hintergründe. Nach Angaben des Experten werden durch die Bodenschutzkalkung die ständigen, durch Luftverschmutzung verursachten Säureeinträge neutralisiert. Der Kalk garantiert für die Bäume einen nährstoffreichen Boden - dies gilt auch für die wichtigen Kleinlebewesen im Erdreich. Die Kalkung hat sich als wirksames Mittel gegen die Übersäuerung erwiesen. Nach einem Programm des Landes soll innerhalb von zehn Jahren jeweils der gesamte rheinland-pfälzische Waldbestand neu gekalkt werden. Der Hubschraubereinsatz hat sich dabei als wirksamer erwiesen. Möglich ist auch der Einsatz von Spezialgeräten, die vom Boden aus den Kalk verblasen - allerdings funktioniert dies nur bei Schonungen. Bei hohen Bäumen dringt der Kalk nicht weit genug durch, da sich die Geräte meist nur auf den Wirtschaftswegen bewegen können.Die Waldgebiete im Osburger Raum werden nun bevorzugt bearbeitet, da sie laut Buss über einen hohen Anteil an Nadelbäumen verfügen. Außerdem besitzen die Böden in diesem Bereich schon von Natur aus einen erhöhten Säuregrad.Wenn die Hubschrauberleute vom Hahn am Wochenende wieder abziehen, werden sie mit rund 1800 Einzelflügen über dem rund 200 Hektar großen Gebiet insgesamt 600 Tonnen Kalk - also drei Tonnen pro Hektar - verteilt haben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort