Bescheid sagen, wenn’s mulmig wird

KONZ. Blut wird in der Regel abseits der öffentlichen Wahrnehmung gespendet. Erstaunlich – denn ohne Spender wie die in Konz würde das Gesundheitssystem zusammenbrechen.

Irgendwie erinnert das Gebäude an der Ecke zur Konzer Polizei an ein Bienenhaus. Wo sonst die Wagen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) halten und ein paar Helfer aktiv sind, stauen sich die Menschen. Oben, unterm Dach, verzehren mindestens ein Dutzend ehrenamtliche Helferinnen und Helfer ihre Brote, im mittleren Geschoss sind fünf Ärzte und etliche Assistentinnen aktiv, und unten, im Parterre stehen sie Schlange. Wer Blut spenden will, muss vor allem eins mitbringen: Zeit.Bundesweit pro Tag 15 000 Blutkonserven

Die öffentliche Aufmerksamkeit für diese ganz spezielle Form von Bürger-Engagement ist begrenzt, weil Blutspenden nicht gerade zu den Sensationen gehört. Sensationell würde es erst, wenn niemand mehr käme. Dann würde das deutsche Gesundheitssystem in wenigen Tagen zusammenbrechen. Pro Tag werden in der Republik rund 15 000 Blutkonserven benötigt, allein die Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz und im Saarland verbrauchen Tag für Tag 1000 Konserven. Und die Haltbarkeit ist begrenzt. Hans-Jörg Mühlenhoff vom DRK-Blutspendedienst: "Die Thrombozyten halten nur fünf bis sechs Tage." Thrombozyten, zu Deutsch Blutplättchen, sind für die Gerinnung zuständig. Übrigens: Nur sechs Prozent der Blutkonserven gehen an Unfallopfer. Den größten Bedarf gibt es bei schweren Operationen, die viel Blut kosten. Mittlerweile hat Herta Pregler in der DRK-Geschäftsstelle mit der Aufnahme der Daten begonnen. Warum gehen die Menschen überhaupt zum DRK und spenden Blut? "Aus sozialer Verantwortung. Wir sind alle Idealisten", sagt eine Spenderin mit allgemeiner Zustimmung. "Mein Vater ist an Leukämie gestorben, und ich habe mitbekommen, wie viel Blut er benötigt hat", sagt Stephanie Hoffmann. Die angehende Fachassistentin in der Zahnmedizin ist mit ihrer fünfjährigen Tochter gekommen und zum erstenmal dabei. "Wir schreiben die Spender immer wieder an", sagt Mühlenhoff. Das minimiert das Risiko. Stephanie Hoffmann muss einen umfangreichen Fragebogen ausfüllen. Offenbaren muss sich niemand. Jeder erhält zusätzlich zum Fragebogen ein Formblatt, in dem er völlig diskret per Kreuzchen den Verwendungszweck seines Bluts bestimmen kann. Zweite Station im Parcours der Blutspender ist der Arzt. "Sie müssen Bescheid sagen, wenn es ihnen mulmig wird". Albert Antony, Oberstabsarzt im Bundeswehr-Standort Merzig, misst Blutdruck und Temperatur, stellt Fragen zum Urlaub, zum aktuellen Gesundheitszustand, zur Einnahme von Medikamenten und gibt gute Ratschläge. Im angrenzenden Blutspenderaum sind an die 20 Personen aktiv, und mindestens ebenso viele Spender bevölkern die Liegen. Rund zehn Minuten dauert es, bis der halbe Liter Blut aus der Vene in den Plastikbeutel geflossen ist. Die Stimmung hat etwas von einer gespannten Gelassenheit. "Nein, kein Problem", heißt es im Saal. Alles ganz normal. Oder doch nicht? Kaum hat Stephanie Hoffmann die vorgeschriebenen 15 Minuten Entspannung hinter sich und setzt sich an den Kaffeetisch im Obergeschoss, da kippt eine junge Frau um, käsebleich. Keine Gefahr - selbstverständlich nicht bei dieser Zahl von Ärzten und bei einer Truppe von rund 60 Helfern! Aber doch ein Signal. "Wahrscheinlich hat sie die notwendige Ruhezeit nach der Spende nicht eingehalten", meint Mühlenhoff. Was zeigt: spenden ist unproblematisch, ein paar Verhaltensregeln empfehlen sich indes. Im übrigen sind die Gefahren minimal. Mühlenhoff: "Das Risiko einer Ansteckung durch verunreinigtes oder infiziertes Blut beträgt eins zu 25 Millionen." Die Chancen auf einen Hauptgewinn im Lotto liegen deutlich höher. Nächster Spendetermin: 20. Juni, Bürgerhaus Nittel, 18 Uhr bis 21 Uhr.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort