Bewegung macht schlau

OBERBILLIG. Seit seinem Bestehen setzt der Kindergarten in Oberbillig, die "Kastanienvilla”, den Schwerpunkt seiner Arbeit auf Bewegung. Am Mittwoch wurde die Kastanienvilla als zweiter rheinland-pfälzischer Kindergarten mit dem Qualitätssiegel "Bewegungskindergarten Rheinland-Pfalz" ausgezeichnet.

"Nur bewegte Kinder setzen etwas in Bewegung", lautet das Motto der Kastanienvilla. Wer den Kindergarten in Oberbillig betritt, dem offenbart sich in mehrfacher Hinsicht der pädagogische Schwerpunkt der Einrichtung, den er seit seiner Gründung im Jahr 1998 hat. Zum Beispiel das Treppenhaus: Ein einfaches Plastikrohr schlingt sich am Geländer entlang durch die Geschosse, in die just in diesem Moment ein Steppke ein Stockwerk höher eine Murmel steckt. Mit sausendem Geräusch rollt sie in die Tiefe, wird von einem Freund aufgefangen - und schon rennt er treppaufwärts, um die Murmel selbst auf die Reise zu schicken. Die Murmelbahn ist der jüngste Knüller in der Kastanienvilla. "Anfangs hatten wir das Bewegungskonzept aus Gesundheitsgründen", berichtet die Leiterin der Kastanienvilla Irmgard Kiesgen-Bölinger und deutet auf dicke Ordner, die prall mit Zeitungsberichten über zunehmend bewegungsunfähige und übergewichtige Kinder gefüllt sind. In einer Fortbildungsmaßnahme erfuhr sie, dass Kinder durch Bewegung geistig reger werden. "Das war Wasser auf unsere Mühlen", sagt sie lächelnd. Im gleichen Jahr erhielt die Kastanienvilla einen Innovationspreis des Landes für die tägliche Bewegungserziehung. Die Auszeichnung wird nun getoppt durch das Qualitätssiegel "Bewegungskindergarten Rheinland-Pfalz". Der Kindergarten erhält diese Auszeichnung, weil die 40 Kinder täglich mit ihren Erzieherinnen an die frische Luft gehen, dabei spielen, toben und erkunden, wöchentlich geplante Bewegungsangebote erhalten, und die Erzieherinnen 60 Stunden Fortbildung im Jahr zum Thema "Bewegung" machen. Außerdem gibt es jährlich Infoabende für die Eltern. Das Bewegungsangebot bestand lange bevor das Land das Qualitätssiegel erdachte, sagt Kiesgen-Bölinger und überschreite die ministeriellen Vorgaben, wie ein Rundgang durch das denkmalgeschützte Gebäude zeigt. Eine kreativ ausgestaltete Turnhalle im Dachgeschoss, in der die Kinder mit einer Bewegungsbaustelle und vielen psychomotorischen Materialien spielen. Und ein fantasieanregender Außenbereich: Eine 40 Quadratmeter große Sandfläche mit Wasserzulauf, ein Reck, an dem die Kinder baumeln, eine "Baustelle", bei der Kinder auf Baumstämmen werkeln, ein Balancier- und Kletterbaum, ein Kletteriglu. Roller, Skateboards oder Stelzen animieren die Kinder zur Bewegung im gepflasterten Bereich. Durch die Bewegung seien die Kinder aufnahmebereiter im Stuhlkreis, sagt Kiesgen-Bölinger. Jeden Freitag gebe es einen Waldtag. Zudem hätte sich gezeigt, dass die Kinder später in der Schule vergleichsweise fitter als andere seien. "Es macht schon mehr Arbeit", sagt die 55-Jährige, die eng mit dem Haus der Gesundheit, der Sportjugend Rheinland-Pfalz und anderen Kooperationspartnern zusammenarbeitet. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: "In unserem Kindergarten gibt es keine übergewichtigen Kinder." In einer Feierstunde, bei der die Kinder Bewegungsspiele und einen Tanz vor Vertretern aus Politik und Behörden vorführten, wurde dem Kindergarten am Mittwoch die Plakette überreicht.

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