Briefmarken von der Postbotin

LANGSUR. Klein, nett - und unwirtschaftlich: Zum Jahresende schließt die Postfiliale in Langsur. Von da an verkauft die Zustellerin die Briefmarken und nimmt Päckchen, Briefe und Pakete mit.

Ein gelbes Schild, ein langer Gang, eine Tür mit der Aufschrift "Schalterraum": Gemütlich geht's in der Post in Langsur zu. Ein Postschalter, ein Ständer mit Telefonbüchern, Broschüren, Formularen und eine Holzbank, falls man doch mal warten muss. Der Schalter ist das klassische Modell: mit Glasscheiben, Durchreiche und Paketannahme-Fenster.Nette Atmosphäre, aber nicht rentabel

Eine Frau kommt in den Raum, kurz nachdem die Post um 12.30 Uhr geöffnet hat. Ein Paket will sie abholen, und Briefmarken braucht sie auch. Mit einem großen braunen Karton und einem Bogen Sondermarken verlässt sie das Gebäude. Was hält sie davon, dass die Post geschlossen werden soll? Die Frau guckt erst einmal verdutzt, sie hört zum ersten Mal von den Plänen der Deutschen Post AG. Begeistert ist sie nicht gerade von der Aussicht, ihre Pakete in Zukunft andernorts abholen zu müssen. "Tja, dann werden wir demnächst wohl in die Stadt fahren müssen", sagt sie und wirkt dabei ein wenig resigniert. Eine andere Kundin, die mit dem Karton eines großen Versandhauses die Filiale verlässt, stimmt ihr zu. Sie habe den Eindruck, dass dem Post-Management die kleinen Ortschaften schlichtweg egal seien. Egal - das sieht Postsprecher Stefan Heß nicht so. "Die Auslastung der Filiale war viel zu schwach", sagt er. "Wir haben zuerst über Postservice in einem Geschäft nachgedacht. Als wir dann die Daten gesehen haben, haben wir gesagt: Das lohnt sich nicht." Am 27. Dezember startet in Langsur der mobile Postservice. Von da an verkauft die Zustellerin Briefmarken und nimmt Pakete, Päckchen und Briefe mit - eine Aufgabe, die sie sowieso schon in den kleineren Orten in der Umgebung wahrnimmt, wo die Postämter längst dicht gemacht haben. Wer Briefmarken braucht, hängt einen Zettel an seinen Briefkasten - der "informelle Weg", wie Postsprecher Heß sagt - oder bestellt den mobilen Service mit einer speziellen Anforderungskarte. Pakete und Päckchen müssen die Langsurer ab Januar in Igel abholen.Postkunden müssen Pakete in Igel abholen

Mit Bedauern sieht Langsurs Ortsbürgermeister Karl-Heinrich Orth die Schließung der Post. "Ich bin natürlich dagegen", sagt er. "Ein Serviceangebot geht verloren." Gleichzeitig sei ihm klar, dass gegen die Schließung nichts zu machen sei. "Man muss sich knurrend mit der Sache abfinden", sagt Orth. "Die lassen ihre nackten Zahlen sprechen." Die Schuld an der Entwicklung sieht er beim Gesetzgeber und beim Management der Post AG: "Ich kann den armen Kerl von der Post nicht umbringen. Die Post vollzieht nur, was im Gesetz drin steht." Dass den Kunden in Langsur durch die Schließung der Postfiliale Nachteile entstehen, sieht auch Heß. "Die Privatisierung ist politisch gewollt. Da gibt es Gewinner und Verlierer", sagt er. Und fügt nach kurzem Zögern hinzu: "Der ländliche Raum ist vielfach Verlierer."

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