"Buchdruckers" Schundliteratur im tiefen Forst

OSBURG. (f.k.) Der Herbst ist gekommen, und viele denken wehmütig an den Jahrhundertsommer zurück. Währenddessen kämpfen allerorts die Forstleute mit den Spätfolgen der Sommerhitze: Der Borkenkäfer konnte sich durch die lange Trockenheit in bis zu drei neuen Generationen fortpflanzen und wütet nun erbarmungslos in den Fichtenbeständen.

So auch im rund 7500 Hektar umfassenden Revier des Forstamtes Osburg. "Die Fichte ist die Broterwerbs-Baumart. In unserem Bereich beträgt ihr Anteil rund 40 Prozent", sagt Forstirektor Bernhard Buss bei der Anfahrt zu einer neuen Schadensstelle im Wald bei Farschweiler. Dort angekommen, rückt Revierleiter Clemens Philipps mit dem Schabeisen einer befallenen Fichte an die Borke. Rings um den Baum ist der Boden mit grünen Nadeln übersät, oben - in der Krone - nur noch nacktes, braunes Geäst. In kürzester Zeit hat diese Fichte ihre Nadeln abgeworfen. Und bald wird auch die ausgetrocknete Rinde wegplatzen, wie schon bei einigen Fichten in der Nachbarschaft. Die Ursache zeigt sich unter der Borke, wo sich hunderte von kleinen weiße Larven durch den äußeren Stamm des Baumes fressen. Da und dort erkennbar sind auch die unscheinbaren braunen Erzeuger der Larven, die Borkenkäfer. Das Fraßbild der Larven im Stamm errinnert an eine von Hand gesetzten Druckseite. Der Volksmund nennt die Schädlinge daher auch "Buchdrucker". Gibt es Mittel gegen diese explosive Vermehrung dieses Käfers? Die chemische Keule sei nicht mehr erlaubt und auch nicht mehr gewollt, erklären die Forstleute. Das Holz aus diesem Forst trage das PRC-Qualitätszertifikat für chemisch unbehandelte Ware. Schon deshalb verbiete sich der Chemieeinsatz. Die einzig mögliche Gegenmaßnahme ist laut Buss und Philipps das schnellstmögliche "Heraushauen" der befallenen Bäume. Und so ein Noteinschlag kann schnell gewaltige Ausmaße annehmen, wie der Besuch an einer gerade entstandenen Lichtung bei Osburg zeigt. Schon auf der Anfahrt verweisen Buss und Philipps auf die "blauen Löcher" links und rechts des Weges. Dort hatten vor einigen Tagen noch Fichten gestanden, nun leuchtet über den freien Stellen blauer Himmel. Am Einschlag bei Osburg geht Forstwirt Wolfgang Herold gerade mit der Motorsäge der nächsten befallenen Fichte an den Stamm. Knarrend fällt der kranke Baum, dann wird er von seinem längst nadellosen Geäst befreit. Viel zu dünn sind die Stämme - sie befinden sich noch etliche Jahre vor ihrer Erntereife. "Der wirtschaftliche Schaden ist gewaltig", sagt der Revierleiter. Die Stämme seien einfach noch zu dünn. Und würden die befallenen Fichten nicht so schnell wie möglich geschlagen, komme eine weitere Wertminderung hinzu. Verursacht wird dies durch einen Pilz, der sich in den befallenen Stämmen breit macht und das Holz dunkelblau einfärbt. Ein Reihe solcher Hölzer ist hier am Wegesrand zu besichtigen. Buss: "Das Holz ist dann für die Möbelproduktion oder Ähnliches unbrauchbar und bringt nur noch einen Bruchteil des Verkaufserlöses. Auf der Rückfahrt entdecken die Forstleute frisch befallene Fichtenbestände an Stellen, an denen vor einigen Tagen "noch überhaupt nichts los war". Weder Buss noch Phlipps - beide seit vielen Jahren im Forst - können sich an eine derartige Borkenkäferplage während ihrer beruflichen Laufbahn erinnern. "Im Gegenteil", sagt Philipps "ich dachte seit sechs Jahren, ich hätte das Problem in meinem Revier endlich im Griff. Und nun das!" Nun hoffen die Forstleute vom Amt Osburg - wie ihre Kollegen andernorts - auf einen nassen Winter mit richtigem "Schmuddelwetter". Nässe mag der Borkenkäfer nämlich nicht. Danach hätte man im Frühjahr Ruhe. Und einig sind sich die Experten auch darüber, dass die Fichtenkulturen in Zukunft hinter dem weniger anfälligen Mischwald zurücktreten müssen. Tanne, Kiefer, Buche oder Eiche schmecken den Borkenkäferlarven nicht - dieser Käfer liebt die Fichte.Morgen: Die Arbeit des Hauptamtlichen Jugendpflegers Klaus Weiler.

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