Bücherwürmer unter sich

SAARBURG. Ob die "Lange Nacht für Leseratten" letztlich Lust aufs Lesen geweckt hat, bleibt offen. Spaß beim Zuhören gab es bei den insgesamt sieben Vorlesungen an den schönsten Plätzen der Stadt auf jeden Fall. Sicher scheint auch zu sein, dass die Veranstaltung der Saarburger Volkshochschule (VHS) und des Kulturbüros keine Eintagsfliege bleibt.

Einzig das flackernde Kerzenlicht erhellte die große Halle der Glockengießerei Mabilon ein wenig, und es schien, als verstärke die spärliche Beleuchtung den besonderen Geruch in dem alten Gemäuer, wo sich einst glühendes Metall zu mächtigen Klangkörpern formte. Zweifellos könnte die Szene aus einem Roman stammen. Tatsächlich aber war sie der Beginn des Finales der "Langen Nacht für Leseratten". Vier Stunden waren zu diesem Zeitpunkt vergangen. Punkt 18 Uhr hatte sich Dr. Anette Barth, Leiterin der Volkshochschule Saarburg, mit knapp 40 Kindern im Rittersaal des Burgrestaurants zusammengesetzt, um aus dem "Leben auf der Ritterburg" zu erzählen - oder besser: vorzulesen. Die Veranstaltung in der Glockengießerei, die mit dem Einlass von rund 30 Zuhörern in die nur mit Kerzen beleuchtete Produktionshalle begann, sollte die Lesenacht beschließen.Lust aufs Lesen machen

Die Volkshochschule Saarburg und das Kulturbüro hatten mit der Veranstaltung jüngeren und älteren Menschen Lust aufs Lesen machen wollen. An insgesamt vier Schauplätzen - in der Glockengießerei Mabilon, auf der Burg, in der Hackenberger Mühle und im Amüseum am Wasserfall - bekamen Leseratten und jene, die es werden wollten, Texte aus unterschiedlichen Werken und von verschiedenen Autoren zu hören. Vorleser waren neben Anette Barth die Sprechwissenschaftlerin Anke Kramer, Gudrun Lüdecke, Leiterin der Stadtbücherei, die Märchenerzählerin Ingeborg Kuckhoff, Autorin Josefine Wittenbecher und der Beuriger Heimatforscher Ewald Meyer. Die thematische Bandbreite reichte von Märchen und Sagen über den Roman bis hin zur Aufarbeitung der Vergangenheit, in diesem Fall die Hexenverfolgung im Raum Trier. Ursprünglich hatte Josefine Wittenbecher Auszüge aus ihrem Historienroman "Feuer am Fluss" auf dem Vorplatz der Burg lesen wollen. Doch das Wetter hatte der Autorin aus Wittlich und ihren am Ende zehn Zuhörern einen Strich durch die Rechnung gemacht. Der Rittersaal im Burgrestaurant bot einen nicht weniger passenden Rahmen. Wittenbecher führte ihre Zuhörer zurück ins 16. Jahrhundert - in eine Zeit, in der auch im Trierer Raum der "Hexenwahn" Fuß gefasst hatte. Die Erzählung "Feuer am Fluss" basiert auf einer wahren Begebenheit. Eine junge Frau aus Kenn spielt die Hauptrolle. Eva Zeihen stößt mit ihrer "außerehelichen Schwangerschaft" in der tief religiös geprägten Landbevölkerung auf Empörung. Sie wird angezeigt, als Hexe "entlarvt" und landet schließlich auf dem Scheiterhaufen. Die detailgetreuen Schilderungen der Autorin, etwa im Hinblick auf Foltermethoden und die fundamentalistischen Weltanschauungen der Romanfiguren, riefen hin und wieder verständnislose Reaktionen bei den Zuhörern hervor. Auch Josefine Wittenbecher, die sich seit Jahren mit dem Thema Hexenverfolgung beschäftigt, ist heute noch berührt von der Thematik "und dem Gedanken, zu welchen Taten die Menschen damals fähig waren". Gleichfalls berührt zeigten sich die rund 30 Zuhörer in der Glockengießerei von Carlos Ruiz Zafóns Roman "Der Schatten des Windes". "Alles in allem sind wir durchaus zufrieden mit der Veranstaltung", erklärte Anette Barth im Gespräch mit dem Trierischen Volksfreund. Sie sei sogar ein bisschen überrascht über die überaus positive Resonanz. "Wenn alle mitziehen, gibt es im kommenden Jahr im Mai eine Wiederholung."

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