Das Ende vom Lied?
Alte Lieder, die kaum noch einer hören will, ein hohes Durchschnittsalter und akuter Nachwuchsmangel - auch in der Region gibt es etliche Männergesangvereine, deren Tage gezählt sind. Mancher Chor hat den Kampf ums Überleben schon aufgegeben.
Serrig. Hans-Werner Jäger singt gerne. Seit 25 Jahren ist er Mitglied im Männergesangverein "Harmonie" Serrig. In ein paar Tagen wird Jäger aber zum letzten Mal mit seinen Sangesbrüdern musizieren, und das auch nur im Proberaum. Danach wird es die "Harmonie" praktisch nicht mehr geben, der Verein will sich auflösen. Akuter Personalmangel sei der Grund, sagt Jäger. "Wir haben nur noch elf Aktive mit einem Altersschnitt von 71 Jahren." Noch Ende der 1980er-Jahre zogen fast 40 Sänger mit der "Harmonie" durchs Land. Während die Mitgliederzahl in der Folgezeit abnahm - viele Sänger starben -, blieb der Nachwuchs trotz Werbe-Aktionen im Ort aus. Jäger: "In den vergangenen 20 Jahren hatten wir keinen Neuzugang." Hauptgrund für die Misere sei der "veränderte Zeitgeist". Männergesangvereine seien wohl nicht mehr angesagt.
Ähnlich traurig wie in Serrig ist die Situation beim Männerquartett Meurich, wenngleich der Chor noch 18 Sänger zählt. Dennoch müsse man künftig über den Fortbestand nachdenken, sagt Vereins-Chef Michael Sauerwein. Auch er schreibt es in erster Linie dem Zeitgeist zu, dass Männerchöre generell kaum oder keinen Zulauf haben. "Wir haben es mit modernen Liedern versucht. Es hat nichts gebracht." Was die Nachwuchsgewinnung betrifft, hätten es Musikvereine schon immer leichter gehabt. Sauerwein: "Musikvereine können schon bei Kindern das Interesse für die Musik wecken. Wir können erst nach dem Stimmbruch der Jungen, also im Erwachsenenalter, ansetzen." Zu diesem Zeitpunkt würden sich viele Jugendliche "hobbymäßig" aber schon anderweitig orientieren.
Neue Wege beschritt der Männergesangverein "Liedertafel" aus Irsch. Der Verein öffnete sich im Jahr 2007 auch für Frauen. Der nun gemischte Chor zählt heute rund 45 Mitglieder, wobei die 25-köpfige Männerabteilung mitunter gesondert auftritt. "Wir haben derzeit keine unlösbaren Nachwuchsprobleme", sagt Vereinsvorsitzender Werner Müller, der unter anderem das "veraltete Repertoire" vieler Männerchöre für deren Scheitern verantwortlich macht. Positiv ist die Lage auch beim Shanty-Chor Freudenburg, der, abgesehen von einer Frau, aus Männern besteht und derzeit 32 Mitglieder hat - Tendenz steigend. "Wir haben einen Chorleiter, der Schwung in die Sache bringt", sagt Vorsitzender Detlef Alexa. Und: "Wir singen Lieder, die sich nicht auf zu hohem musikalischen Niveau bewegen und deshalb mehr Menschen ansprechen."
