"Das ist ein sinnvolles Hobby für mich"

OBEREMMEL. Einen hochprozentigen Traum hat sich Alfred Kirchen aus Oberemmel erfüllt: Gleich hinter seinem Weingut hat der 40-Jährige eine Brennerei gebaut und stellt seit kurzem Destillate vom Trester bis zum Edelbrand her.

Wenn Alfred Kirchen von seiner Brennerei zu erzählen beginnt, strahlen seine Augen. Was für manche Männer das Auto, für andere die Spielzeugeisenbahn ihrer Kinder oder der Golfschläger ist, scheint für den groß gewachsenen Winzer seine nagelneue Brenn-Anlage zu sein. Als Birne hat er den so genannten Hut der Anlage gestalten lassen, in dem sich die Dämpfe sammeln - die Standard-Ausführung sieht eine gerade Form vor. Aus glänzendem, gedengeltem Kupfer und Edelstahl besteht die etwa 2,50 Meter hohe und ebenso breite Brennerei.Nebenprodukte verwerten

"Eines Tages eine eigene Brennerei zu haben, war immer mein Traum", erzählt Kirchen. "Es macht mir Spaß, zu sehen, was sich aus Nebenprodukten wie Trester noch machen lässt." Vor einem Jahr hat sich Alfred Kirchen entschlossen, sein gut laufendes Weingut durch diesen Bereich zu ergänzen. Das Brennrecht als gesetzliche Voraussetzung hat der Oberemmeler von einem Kollegen aus Langsur erworben, der sich zur Ruhe gesetzt hat. "Das war großes Glück. Ich habe regelmäßig in die Zeitung geschaut und die Ohren offen gehalten, ob irgendwie an ein Brennrecht zu kommen ist." Zwischen Juli und September 2003 hat er den knapp 50 Quadratmeter großen Anbau hinter seinem Haus hoch gezogen, die so genannte Abfindungsbrennerei installieren lassen. Bei diesem System muss jedesBrennen fünf Werktage vor der Aktion beim Haupt-Zoll-Amt in Stuttgart beantragt worden sein. Gebrannt werden darf nur zu staatlich vorgegebenen Zeiten:frühestens ab 6 Uhr morgens, spätestens bis 20 Uhr. Die Menge ist begrenzt: 3000 Liter Weingeist darf Kirchen auf eigenen Namen im Zeitraum 1. Oktober 2003 bis 30. September 2013 brennen. Steuern bezahlt er nach dem Verkauf in Form von Schnaps oder in Euro. Trester, Hefe-, Wein- und Edelbrände wie Obstler, Zwetschge, Mirabell oder Williams füllt der 40-Jährige nach rund eineinhalbstündiger Destillation ab. Wie bei der Weinproduktion kommt es auch beim Brennen auf "das gewisse Etwas" an. Kirchen: "Die Kunst beim Brennen ist, eine gleichbleibende Temperatur im Wasserbad zu halten und möglichst schonend nachzukühlen." Auch beim Brennen kommt bei Alfred Kirchen der Winzer durch: "Am allerliebsten brenne ich Wein. Aber auch alle Edelbrände machen Spaß. Das riecht unverwechselbar gut, wenn man Williams brennt." Seine Erzeugnisse liefert er an den überregionalen Großhandel und an Weinkunden. "Ich möchte aber gerne in den gehobenen Fachhandel." Anders als beim Wein sei die Konkurrenz auf dem Markt der Destillate nicht so groß. Wobei Alfred Kirchen auch mit seinem Angebot von rund 70 Prozent Riesling, acht Prozent Weißburgunder, ebenso viel Rivaner, fünf Prozent Chardonnay und sechs Prozent Spätburgunder längst einen festen Platz innerhalb der Branche hat. Mit seiner Philosophie "Wein wird im Weinberg gemacht und nicht im Keller, dort entscheidet sich die Qualität" und dem rebsortentypischen Ausbau erntet er gerade in jüngster Zeit nationale und internationale Anerkennung. Mit seinem 99er-Eiswein ist Kirchen von der Fachzeitschrift "Wein Gourmet" im Juli 2002 in der Kategorie Best of Riesling auf Rang 35 bei den Edelsüßen ausgewählt worden. Das gleiche Magazin wird das Weingut in seiner zweiten Ausgabe 2004 als eines der besten Weingüter Deutschlands präsentieren. "Alles über Wein" hat es "besonders empfohlen" und mit einer goldenen Medaille ausgezeichnet. Zu sorgen braucht sich Kirchen derzeit also sicher nicht und kann sich nebenbei der Brennerei widmen, von der er mit leuchtenden Augen sagt: "Das ist ein sinnvolles Hobby für mich."

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