Das trotzende Schneiderlein

HOLZERATH. Das Handtuch - oder besser gesagt: Maßband und Schere - zu werfen, fällt Katrin Schmitt nicht ein. Sie weiß was sie will: Schneiderin sein trotz schlechter Zeiten im Handwerk.

Wenn Katrin Schmitt Stoff sieht, dann rotiert es in ihrem Kopf, dann sieht sie das Endprodukt schon vor sich. Die junge Frau aus Holzerath ist 22 Jahre alt und hatte nach dem zweijährigen Besuch der Berufsbildenden Schule für Textil und Modedesign das Fach-Abitur in der Tasche."Praktisches Arbeiten bringt einfach mehr"

Sie blühte allerdings erst richtig auf, als sie ein einjähriges Praktikum im Modeatelier Palm in Konz absolvierte. "Ich bin ein Arbeitstyp, eher praktisch veranlagt", sagt sie von sich selbst. Und: "Praktisches Arbeiten bringt einfach mehr." Nach der Praxiserfahrung erhielt sie eine Sonderzulassung zur Schneidergesellenprüfung - und sie hat bestanden. Was nun? Sie wusste, dass es schwer werden würde, "doch so schwer hatte ich es mir nicht vorgestellt, Fuß zu fassen".Enttäuscht vom Arbeitsamt

Vom Arbeitsamt ist sie enttäuscht. "Nicht einmal, dass es die Möglichkeit gibt, dass ich zur Schneidergesellenprüfung zugelassen werden konnte, wusste man mir dort zu sagen." Achselzucken habe sie dort erlebt, jedoch keine Hilfe erfahren. Eine Stelle in einem Atelier zu finden, ist so wahrscheinlich, wie eine Stecknadel im Heuhaufen zu finden. "Die meisten Firmen verschwinden ins Ausland, weil dort billiger produziert werden kann. Und die Aufträge gehen zurück", erzählt Katrin Schmitt. Eine "Ich-AG" konnte sie nicht gründen, da sie bisher noch kein Arbeitslosengeld bezogen hat. Wie 65 weitere Bewerber hat sie sich auf eine Stelle als Verkäuferin in einer Boutique vergeblich Hoffnungen gemacht. "Jetzt reicht es", dachte sich die junge Frau nach der Absage und funktionierte einen Kellerraum im Elternhaus zu einem Schneideratelier um. Sie ließ sich in die Handwerkerrolle eintragen und besorgte sich einen Gewerbeschein.Eigene Kreationen und Job im Stoffgeschäft

In Regalen liegen nun Stoffe, an Kleiderbügeln hängen originelle Tops, schicke Jacken und Blusen. Auf dem großen Tisch liegen Schnitte. "Ich habe ständig etwas zu tun", sagt Katrin Schmitt. Sie näht Reißverschlüsse ein, kürzt Mäntel und näht auf Bestellung und nach Wunsch. Ihre Kunden kommen überwiegend aus dem Bekanntenkreis und auf Empfehlung. Katrin Schmitt setzt auf Mundpropaganda und auf individuelle Geschmäcker, die gerne Unikate tragen, sowie auf Sondergrößen und auf Kinderkleidung.Im kommenden Jahr geht's an den Meisterkurs

Getreu der Redensart "doppelt genäht hält besser", arbeitet sie in einem Trierer Stoffgeschäft zusätzlich als Aushilfe. Kürzlich hat sie ein Kinderkleid genäht und es im Schaufenster des Stoffladens ausgestellt. "Es wurde sofort verkauft", sagt sie mit Stolz. Diese Momente sind es, die ihr Mut machen, nicht aufzugeben und im Schneiderberuf weiterzumachen. Nächstes Vorhaben: "Anfang nächsten Jahres beginne ich mit meinem Meisterkurs", sagt die willensstarke Schneiderin.

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