Der Blechtrommler

Ein Mann und ein ganzes Arsenal von Trommeln und Becken: Viel Rhythmus und Mut zum Unkonventionellen bot Carl Palmer, der Schlagzeuger von "Emerson, Lake and Palmer", im Freudenburger Ducsaal.

 Gitarrist Paul Bielatowicz spielt im Ducsaal ebenso rasant wie die Schlagzeug-Legende Carl Palmer. TV-Foto: Frank Göbel

Gitarrist Paul Bielatowicz spielt im Ducsaal ebenso rasant wie die Schlagzeug-Legende Carl Palmer. TV-Foto: Frank Göbel

Freudenburg. (kbb) Raspelkurzer Militärhaarschnitt, hautenges Batik-Shirt, Goldkette: Der Mann könnte vieles sein. Und wäre da nicht diese Ähnlichkeit zu Phil Collins, ebenfalls britischer Schlagzeuger von Weltformat, man würde Carl Palmer kaum wiedererkennen auf den Plattencovern der 70er Jahre mit langen Haaren. Allein die Musik hat überdauert als Kontinuum in Palmers Lebenslauf, der, wirft man einen Blick in die Biografien, so viele Höhen und Tiefen aufzuweisen hat wie eine Fahrt quer durch die Alpen.

Palmer interpretiert die Werke seiner früheren Band "Emerson, Lake & Palmer" - kurz "ELP" - neu. Allerdings mit dem Schlagzeug im Zentrum, nicht mit Keyboard und Synthesizer. Und so verwundert es auch nicht, dass Palmer in seiner dreiköpfigen Band den Takt angibt - und den Ton. Mit seinen Drumsticks wirbelt der 58-jährige Brite so wild umher, dass seine musikalischen Begleiter, Gitarrist Paul Bielatowicz und Bassist Stuart Clayton, bestensfalls als Beiwerk in Erscheinung treten.

Eingeschobene kurze Jazz-Soli etwa mit Interpretationen von Hummelflug und "Over the Rainbow" kommen nicht nur gänzlich ohne Schlagzeug aus - auch bilden sie ein Gegengewicht zur deutlich spürbaren Asymmetrie auf der Bühne: Palmer ist nicht nur der älteste der Musiker, als ELP-Mitglied gilt er gleichermaßen als der kreative Kopf der nicht zuletzt nach ihm benannten Band. Und natürlich sind die Arrangements der Carl Palmer Band deutlich schlagzeuglastig.

Liebhaber der Melodie können das musikalische Produkt der Band kaum anders interpretieren als bloße Lautstärke. Zuhörer mit einem Faible für Takt und Struktur hingegen erkennen kunstvoll übereinandergelegte Rhythmen, die Palmer zu einem Gesamtbild vereint. Dass dieses Unterfangen mit körperlicher Arbeit verbunden ist, demonstriert er unablässig: Der Griff zum Handtuch kommt beinahe so regelmäßig wie der rumpelnde Rhythmus in der Interpretation des ELP-Klassikers "Tank". Mal monoton, mal virtuos, aber niemals ohne Idee und Konzept. So rackert sich der Brite durch das zweistündige Programm.

Eine Frage drängt sich auf, und bei genauer Betrachtung liefert Palmer eben durch sein Konzept auch die passende Antwort: Wie kann sich ein Mann merken, in welcher Reihenfolge er auf welche Gegenstände schlagen soll - und das den ganzen Abend lang? Spätestens dann wird klar, dass auch ein Schlagzeug viel mehr sein kann als nur laut.

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