Der Geist von Goethe und vom Glockengießer

Saarburg · Parallel zum "Saarburger Frühling" hat das Team der ehemaligen Glockengießerei ein vielfältiges Kulturprogramm geboten und die Frage beantwortet, was Frau von Stein von Goethe hielt und was Kanonen mit Glocken zu tun haben.

 Stefanie Ahlbrecht auf der Bühne der Gießhalle. TV-Foto: Dirk Tenbrock

Stefanie Ahlbrecht auf der Bühne der Gießhalle. TV-Foto: Dirk Tenbrock

Foto: Dirk Tenbrock (DT) ("TV-Upload Tenbrock"

Saarburg Wenn der Gewerbeverein Saarburg mit seinen verkaufsoffenen Sonntagen lockt, ist die Stadt meist proppenvoll. Einige dieser Besucher wollte der Trägerverein des soziokulturellen Zentrums Kulturgießerei, das Lokale Bündnis für Familie, wohl auch in das Museum der ehemaligen Glockengießerei im Staden am Saar-ufer ziehen. Theater, Kunsthandwerken, historische Museumstour und Livemusik stehen auf dem Programm, als Museumschefin Dr. Annete um elf Uhr die Türen für das erste Dutzend Besucher öffnet. Die kommen auch gleich in den Genuss von großer Theaterliteratur:
Stefanie Ahlbrecht (Regie: Jürgen Reitz) zeigt auf der Bühne der ehemaligen Gießhalle "Ein Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe". Der Text des Dramatikers Peter Hacks zählt mittlerweile zu den modernen Klassikern und verlangt der Darstellerin als fast zweistündiger Monolog alles ab. Sie erzählt die Geschichte der zehnjährigen Weimarer Liaison Goethes mit der Hofdame Charlotte von Stein aus der streng subjektiven Sicht der vom Dichterfürsten verlassenen und darob schwer echauffierten Dame. Ahlbrecht spielt die Brüche und Widersprüche der von Stein textlich sicher und mit der gebotenen Leidenschaft aus und verdient sich den Applaus des Publikums.
Am frühen Nachmittag dann schlüpft Wolfgang Matthes in die Rolle des Gründers der Glockengießerei, Urbanus Mabilon, und nimmt einige Interessierte mit auf einen Rundgang durch seinen ehemaligen Betrieb; aber auch und vor allem in die Zeit und den Geist des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Als interessantes Detail seiner Ausführungen sei vermerkt, dass die Gießerei in Zeiten andauernder, kriegerischer Auseinandersetzungen viel mehr Geld mit dem Guss von Kanonen als mit Glocken verdient hat. Dieses und viele andere interessante Details gibt es zu hören und zu sehen.
Bei strahlendem Sonnenschein hat die Leiterin der Kinder- und Jugendkunstschule, die Saarburger Künstlerin Cordue, im Hof ihre Tische aufgebaut und bietet kunsthandwerkliche Betätigung für Kinder an. Am Abend spielt dann in der morbid-charmanten Atmosphäre der Gießhalle die Ghosttown-Company ein rockiges Konzert, das die wenigen Zuschauer mitreißt.
Für Essen und Getränke sorgt den ganzen Tag über ein Team von Freiwilligen des Vereines.
Grundsätzlich hätte eine solche Veranstaltung im tollen Ambiente mehr als ein paar Dutzend Besucher verdient.
Der Trägerverein, Dr. Barth und ihr Team haben ein sehr ambitioniertes Programm auf die Beine gestellt. Nun ist es wohl an den Verantwortlichen aus Gewerbe, Gastronomie, Verwaltung und Politik, in Zukunft die durchaus vorhandenen Synergieeffekte zwischen Kultur und Kommerz besser zu nutzen. Da besteht Redebedarf!

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