"Der Ort ist immer für sich geblieben"

KONZ-KOMMLINGEN. "Das war eine Bombe", sagt Hans Hansen begeistert. Dass Kommlingen als einziges Dorf weit und breit direkt dem Trierer Domkapitel unterstand, ist für den 67-Jährigen eine der interessantesten historischen Erkenntnisse, die er in seiner Ortschronik mit dem Titel "Kommlingen. Ein Dorf auf der Höhe" zusammengetragen hat.

Schon die Entstehungsgeschichte der Chronik ist ungewöhnlich: "Innerhalb der Bevölkerung gab es das große Bedürfnis, die Geschichte des Ortes aufzuarbeiten", sagt Alt-Ortssvorsteher Werner Faber. Also habe er sich Gedanken gemacht und vor etwa fünf Jahren Hans Hansen gefragt, ob er die Aufgabe übernehmen wolle. "Ein Lehrer müsste das schließlich hinbekommen", habe er sich gedacht, erzählt Faber.Erst nach der Pensionierung

Doch Hansen war zunächst wenig begeistert von der Idee und habe dem Ortsbeirat schließlich nur unter der Bedingung zugesagt, dass er erst nach seiner Pensionierung mit den Recherchen beginnen werde. "Das war mir damals zu viel", sagt der ehemalige Rektor einer Sonderschule. Also machte er sich im Jahr 2000 an die Arbeit und sah sich zunächst einmal andere Chroniken an. Danach habe er beschlossen, die Geschichte Kommlingens nicht chronologisch, sondern nach Schwerpunkten zu erzählen: strukturiert nach den politischen Ereignissen, der Kirchen- und Schulgeschichte sowie dem Alltagsleben. Seine Recherchen führten Hansen in verschiedene kirchliche und weltliche Archive sowie Bibliotheken, aber auch in rund 30 Kommlinger Haushalte. "Wir haben die Bevölkerung von Anfang an durch Veranstaltungen einbezogen", sagt Alt-Ortsvorsteher Faber. Anfangs seien einige Ängste und Vorbehalte auszuräumen gewesen, erinnert er sich. Schließlich stand in den bis 1969 von den Dorflehrern geführten Annalen so manches womöglich peinliche Detail über die Familien der heute 367 Menschen im Dorf, die Hansen als "historisch große Familie" bezeichnet. Doch die Entscheidung, den Heimatverein in die Arbeit einzubeziehen, habe "ein geradezu herrliches Verfahren" in Gang gesetzt, sagt Hansen. Immer mehr Kommlinger hätten alte Dokumente und Fotos - oder ihr Gedächtnis - zur Verfügung gestellt. So findet sich ein Brief eines Auswanderers in seine Heimat aus dem Jahr 1832 ebenso in der Chronik wie der Erlass der napoleonischen Verwaltung aus dem Jahr 1803, der aus der bis dato "freien Kapelle" in Kommlingen eine Filiale der Pfarrei Oberemmel machte. "Ein Ereignis, das Kommlingen bis heute noch nicht verdaut hat", meint Hansen. Denn die Abgeschiedenheit und relative Autonomie in Bezug auf die umliegenden Ortschaften sei eine der wichtigen historischen Besonderheiten gewesen. Als einzige Siedlung auf den Höhen zwischen Saar und Konzer Bach sei der Ort, der auf eine keltische Gründung zurückgehe, "immer für sich geblieben". Nach vier Jahren "intensiver Arbeit" konnte Hansen seine Chronik zur Donatuskirmes vorlegen. Das in einer Auflage von 600 Stück erschienene Werk wurde zur Hälfte von der Stadt Konz und den Kommlinger Vereinen finanziert. Besonders dankbar sei er dem Konzer Stadtbürgermeister Winfried Manns, der das Projekt von Anfang an unterstützt habe, sagt Ortsbürgermeister Faber. Neben den 384 bedruckten Seiten hatten Hansens Recherchen auch noch ein zweites Ergebnis: Er konnte die Symbole von 41 Häusern, so genannte Gehöferschaftszeichen, zuordnen. Diese Zeichen wurden früher von Familienoberhäuptern, die nicht schreiben konnten, als Unterschrift benutzt. Hansen hat die Zeichen - wie damals üblich - auf Würfel gemalt und diese zu einer Kette aneinandergereiht. Solche Würfel seien früher bei Versteigerungen zum Einsatz gekommen, sagt Hansen. Faber fügt hinzu, dass die ersten Bürger die alten Zeichen wieder an ihren Häusern angebracht hätten. Zur Erinnerung an ihre Geschichte und ein wenig auch an eine Chronik, "die die ihre geworden ist", wie Hansen festgestellt hat. Die Kommlinger Ortschronik "Kommlingen. Ein Dorf auf der Höhe" ist als 42. Band der Schriftenreihe Ortschroniken des Trierer Landes erschienen und in Trier bei der Buchhandlung Interbook erhältlich.Lesen Sie morgen in unserer Serie "Trier-Saarburg - ganz nah" einen Bericht über den Kinderstadtplan für die Stadt Konz.

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