"Der Pfad ist nicht barrierefrei"

Mettlach-Orscholz · Behindertenvertreter kritisieren die Gestaltung des Orscholzer Baumwipfelpfades und erheben Vorwürfe gegen das saarländische Wirtschaftsministerium.

Mettlach-Orscholz. Uwe Wagner, Vorsitzender der saarländischen Selbsthilfe Körperbehinderter (BSK), kritisiert das Haus von Wirtschaftsninsterin Anke Rehlinger (SPD), das den Baumwipfelpfad im nördlichen Saarland - 30 Kilometer südlich von Trier - mit rund 300 000 Euro gefördert hatte. Mit dem Attribut "barrierefrei" wurde seit Juli 2015 geworben, als die Pläne für dieses touristische Objekt vorgestellt wurden. "Dann stellt sich raus, dass es nur ‚barrierearm' gebaut wurde", schimpft der Mann aus Eimersdorf, der nach einem unverschuldeten Motorradunfall 1993 im Rollstuhl sitzt.
Der Betreiber hat auf seiner Internet-Seite das Attribut "barrierefrei" mittlerweile in "barrierearm" geändert. Grund: Ende 2016 war die Landtagsfraktion der Grünen Beschwerden von Rollstuhlfahrern nachgegangen, die von Schwierigkeiten berichteten, den Turm zu befahren, der im Juli 2016 eröffnet worden ist. Handläufe an den Rampen seien zu hoch angebracht, Gefällstrecken zwischen den Ruhepodesten länger als zulässig.
An einer längeren Gefällstrecke sei zusätzlich zur Längsneigung eine Querneigung festgestellt worden. Die Grünen nannten dies eine Täuschung der Öffentlichkeit und kündigten an, den Landesrechnungshof einzuschalten. "Nur was nach der DIN 18040 gebaut ist, kann dieses Qualitätssiegel tragen", sagt Wagner. Und nach diesen Vorschriften sei der Pfad eben nicht gebaut.
Für ihn die logische Konsequenz: "Das Unternehmen muss jetzt den Zuschuss wieder zurück erstatten, weil es sich nicht an die Gesetze gehalten hat. Außerdem müsste die Betriebserlaubnis erlischen."
Nicht die Barrierefreiheit, wie Wagner anführt, war nach Darstellung des Ministeriums die Grundlage für den Zuschuss über 275 000 Euro an die Erlebnis-Akademie, sondern die Schaffung neuer dauerhafter Arbeitsplätze. Mit dem Baumwipfelpfad leiste sie einen Beitrag zum Strukturwandel und zur Beschäftigungssicherung der saarländischen Wirtschaft.
Zu der von Wagner erhobenen Forderung, der Erlebnis-Akademie die Betriebserlaubnis zu entziehen, heißt es auf Anfrage: "Das können wir nicht."
Wie es aus dem Haus von Anke Rehlinger weiter heißt, war es Ziel der Erlebnis-Akademie, den Baumwipfelpfad "weitestgehend" barrierefrei zu gestalten, "um möglichst vielen Menschen den Besuch und die Begehung des Baumwipfelpfades zu ermöglichen" - eine Aussage, die Carina Becker, Standortleiterin des Orscholzer Baumwipfelpfades, bestätigt. Becker betont ausdrücklich: "Der Erlebnis-Akademie ist es ein Anliegen, ihre Anlagen möglichst allen Kunden zugänglich zu machen."
Das Attribut "barrierefrei" ist mittlerweile von der Internetseite des Pfades verschwunden. "Um aber einer engeren Auslegung des Begriffs ‚barrierefrei' gerecht zu werden und auch um bei jenen Kunden, die diese Auslegung erwarten, Klarheit zu schaffen, haben wir uns entschlossen, den Begriff ‚barrierearm' auf unserer Website zu verwenden", sagt Carina Becker.

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