Der Traum vom Taktstock

KANZEM. Im Alter von fünf Jahren bekam Martin Biringer sein erstes Instrument, und von da an ließ in die Musik nicht mehr los. Ein Traum erfüllte sich für den heute 71-Jährigen vor mehr als drei Jahrzehnten – seither ist er Dirigent des Männergesangvereins Kanzem.

Kräftige Bässe, glasklare Tenöre, ein gebannt lauschendes Publikum - allein der Gedanke daran hatte für Martin Biringer schon als Kind etwas Magisches. In seiner Vorstellung sah er sich jedoch nicht etwa in den Reihen der Sänger: "Ich habe immer davon geträumt, Chorleiter zu werden", berichtet der 71-Jährige. Aber erst Anfang der 70er-Jahre erfüllte sich für den im saarländischen Tünsdorf nahe Perl geborenen Biringer der lange gehegte Wunsch. Damals übernahm er die Leitung des Männergesangvereins Kanzem. Heute, nach über drei Jahrzehnten, ist er sich sicher: "Der Verlauf meiner Karriere als Musiker war eine Art göttliche Vorsehung." Erste musikalische Gehversuche machte Martin Biringer bereits als Fünfjähriger, als er eine kleine Ziehharmonika geschenkt bekam. Nicht sehr lange gab er sich damit zufrieden. "Ich wollte ein richtiges Akkordeon besitzen." Dass sich zumindest dieser Wunsch nicht erfüllte, lag in erster Linie am Kaufpreis des Instruments, dass Bekannte ihm anboten: "Immerhin einen Zentner Mehl wollten die Leute damals dafür haben", erzählt Biringer. Seit seinem 14. Lebensjahr sang er in verschiedenen Chören, und auch im Musikverein seines Geburtsortes Tünsdorf spielte er mit. Beruflich war der Vater von drei Söhnen als Hochbauingenieur beim Bistum Trier tätig. Sechs Jahre lang wohnte er in der Römerstadt. "Eines Tages", berichtet Biringer, "lernte ich einen Mann kennen, der im Dom als Hausmeister tätig war." Dieser habe deshalb seine besondere Aufmerksamkeit genossen, weil er Vorsitzender des Männergesangvereins Kanzem gewesen sei. "Kurze Zeit später sang ich selbst in diesem Chor." Zu diesem Zeitpunkt habe bereits mehr oder weniger festgestanden, dass er sich in der Saargemeinde sesshaft machen wollte. 1971 bezog er schließlich sein Haus in Kanzem. Als drei Jahre später der Leiter des Männergesangvereins starb, machten sich die damals rund 25 Sänger auf die Suche nach einem Nachfolger - sie fanden Martin Biringer.Klage über fehlenden Sängernachwuchs

Inzwischen hat der weit über Kanzem hinaus bekannte Chor nur noch 15 Mitglieder, und das Ende des Vereins, der im vergangenen Jahr sein 110-jähriges Bestehen feierte, scheint sich abzuzeichnen. "Wir bekommen seit Jahren keinen Nachwuchs mehr", berichtet Biringer, der seit 1988 auch Vorsitzender ist. Der Altersschnitt liege derzeit bei 65. "Irgendwann", so seine Vermutung, "wird es den Männergesangverein Kanzem nicht mehr geben." Schuld sei wohl der Zeitgeist. Der mittlerweile im Ruhestand lebende Biringer ist auch stellvertretender Vorsitzender des Pfarrgemeinderates sowie Küster und Organist. Biringer: "Das Orgelspiel habe ich mir selbst beigebracht." Und seine Antwort auf die Frage, ob er mit 71 Jahren bereits darüber nachgedacht habe, den Taktstock niederzulegen: "Nein. So lange ich noch kann, mache ich weiter."

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