Der jiddischen Kultur verpflichtet

SCHWEICH. Im Rahmen der Jüdischen Tage ist in der Schweicher Synagoge die Fotoausstellung "Poyln" des 1941 ermordeten jüdischen Fotografen und Schriftstellers Alter Kacyzne zu sehen (der TV berichtete). Aus diesem Anlass veranstaltete der Fachbereich Jiddistik der Universität Trier dort einen ergänzenden Themennachmittag zum literarischen Schaffen Kacyznes.

Gut besucht ist die Synagoge Schweich an diesem Nachmittag. Forscher aus der ganzen Welt sind gekommen und verständigen sich in einer ungewöhnlich klingenden Sprache: Es ist Jiddisch - und der Grund, warum sie zusammengefunden haben. Denn was hier stattfindet, ist Teil des 8. Symposiums für Jiddische Studien in Deutschland. "Es ist weltweit die größte Konferenz dieser Art", sagt Simon Neuberg, Professor für Jiddistik an der Universität Trier. Im Wechsel mit der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf ist Trier zum vierten Mal Ausrichter des dreitägigen Treffens, was sich aus der Bedeutung des hiesigen Lehrstuhls erklärt: "Es ist der erste Lehrstuhl für Jiddistik, der in Europa gegründet wurde", sagt Neuberg und verweist auf gute Verbindungen nach Übersee und einen Ruf von Weltrang. Und so referieren Wissenschaftler aus den USA, den Niederlanden oder Frankreich an diesem Nachmittag über Forschungsvorhaben, Projekte oder Erkenntnisse zum Schaffen von Alter Kacyzne. Dabei entsteht das Bild eines Literaten, der in unterschiedlichen Genres und Stilen zu Hause war. Kacyzne hat vom Symbolismus beeinflusste Dichtung, stilisierte Prosa im Stil von Psalmen, Dramen, Erzählungen, Drehbücher und Essays geschrieben sowie als Journalist und Verleger gearbeitet. Damit gilt er als eine der wichtigsten Figuren der jiddischen Kulturszene der 20er- und 30er-Jahre, deren Zentrum Warschau war. Bei Kacyzne trafen sich junge Avantgarde-Schriftsteller, die jiddisch schrieben und damit eine ungewöhnliche Mischung aus Tradition und Experiment schufen. Um den Teilnehmern des Nachmittags den Geist dieser Zeit lebendig vor Augen zu führen, hatten die Trierer Wissenschaftler den aus Buenos Aires stammenden und weltweit erfolgreichen Theater-Schauspieler Rafael Goldwaser eingeladen. Er brilliert€ zum Abschluss der Veranstaltung mit lebendiger Rezitation dreier Kacyzne-Stücke, die in Rhythmus und Melodik völlig unterschiedliche Charaktere offenbaren. Am Dienstag, 4. Oktober, 20 Uhr, folgt "Die Preußen in Israel", ein Vortrag von Professor Alois Peitz, am Donnerstag, 6. Oktober, 20 Uhr, findet ein Klezmer-Konzert statt. Beide Veranstaltungen werden in der Synagoge Schweich angeboten.

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